Gefahr für indigene Aktivist*innen: Goldrausch am Tapajós
Gold erzielt hohe Preise. In Brasiliens Regenwald entstehen Hunderte illegale, umweltschädliche Minen. Präsident Bolsonaro schützt das Geschäft.
D ie Mittagssonne knallt auf die Promenade der Amazonasstadt Itaituba, am minzfarbenen Fluss Tapajós gelegen. Im Schatten einer verwaisten Imbissbude dösen ein paar Hunde, kaum jemand ist in der sengenden Hitze unterwegs. Plötzlich bremst ein Auto, hupt zweimal. Hinter der Scheibe ist das bemalte Gesicht einer Frau: Alessandra Korap Munduruku, eine prominente indigene Aktivistin in der brasilianischen Regenwaldregion, bittet darum, schnell einzusteigen. „Ich will hier nicht halten“, sagt sie, als der Wagen losfährt. „Alle kennen mich, es kann gefährlich werden.“
Korap, Jahrgang 1985, gehört zum Volk der Munduruku. Sie kämpft gegen Bergbau, organisiert Proteste, reist als Aktivistin um die Welt. Deshalb wird sie von Goldgräbern bedroht. Itaituba, eine Stadt mit 100.000 Einwohner*innen, liegt mitten im Regenwald. Auf der Promenade steht ein Mann auf einem Sockel, er trägt einen Hut und hält einen Trog in den Händen. Seine Haltung ist gebeugt. Ein Goldgräber. Die Stadt hat ihren wichtigsten Bewohner*innen ein meterhohes Denkmal gebaut. In der Region gibt es Hunderte Garimpos, illegale Goldminen. Glücksritter aus dem ganzen Land zieht es auf der Suche nach den glänzenden Körnern hierher. Die meisten dieser Männer sind arme Schlucker, ihr Ziel: ein besseres Leben.
Einige werden von Bergbaufirmen angestellt, andere versuchen ihr Glück auf eigene Faust. Viele fühlen sich direkt durch die Politik des rechtsradikalen Präsidenten Jair Bolsonaro ermutigt, ihre Heimat zu verlassen und in den Regenwald zu ziehen. Häufig gibt es gewaltsame Konflikte mit Indigenen.
Mit dem Auto geht es raus aus der Stadt. Nach rund 20 Minuten kommt Koraps Wagen zum Stehen. Die kleine Frau stößt ein schweres Holztor auf: „Herzlich willkommen in Praia do Índio“, sagt sie. „Strand des Indigenen“, so heißt ihr Dorf, das aus einfachen Holzhütten besteht und ebenfalls am Tapajós liegt. Die Sonne glitzert auf dem Wasser, ein paar kleine Holzboote schaukeln friedlich im Fluss. Korap wuchs in dieser Gegend auf, ihre Eltern leben im Dorf, so wie viele weitere Verwandte.
„Gesprochen haben immer nur die Männer“
Korap läuft zu einer Hütte und ruft: „Tante, ich bin es.“ Hühner gackern und laufen umher, am Eingang fällt ein kleiner Affe Korap um den Hals. „Das ist Nica.“ Viele Indigene halten sich Hausaffen. Früher, sagt die zweifache Mutter, sei hier nur Wald gewesen. Doch mit dem Goldrausch wuchs Itaituba und grenzt heute direkt an das Dorf.
Aktivistin sei sie schon seit ihrer Geburt, sagt Korap, als sie es sich in einer Hängematte neben dem Haus ihrer Eltern bequem gemacht hat. Doch lange Zeit traute sie sich nicht, öffentlich zu sprechen. „Auf den Versammlungen im Dorf gab es keinen Platz für uns Frauen. Gesprochen haben immer nur die Männer.“ Als immer mehr Goldgräber in ihre Heimat einfielen, ergriff die kleine energische Frau immer öfter das Wort, erkämpfte sich ihren Platz. Heute kämpfen viele indigene Frauen an vorderster Stelle der Umweltbewegung mit.
Unterstützung bekommen sie vor allem aus dem Ausland. Aber auch in Brasilien beginnen sich immer mehr Menschen für die Munduruku zu interessieren. Ein Fernsehteam begleitete Korap, die Sendung wurde zur Primetime im größten Sender des Landes ausgestrahlt, erzählt sie stolz und zeigt einen Ausschnitt des Videos auf ihrem Smartphone.
Doch die Aufmerksamkeit hat auch Schattenseiten. Am Eingang ihrer Gemeinde, in der rund 50 Menschen leben, sind mehrere Kameras an einem Pfahl festgeschraubt. „Sicherheitsmaßnahmen“, sagt Korap. Seit Langem erhält sie Morddrohungen, ein Kopfgeld sei auf sie ausgesetzt gewesen. Korap hat sich Feinde gemacht. Hinter den Drohungen und Attacken stehen einflussreiche Goldgräber, glaubt die Aktivistin. Einige sollen zwielichtige Männer angeheuert haben, um Korap nachzustellen und sie zu bedrohen. „Sie fahren in Autos mit getönten Scheiben an unserem Dorf vorbei, machen Fotos und verfolgen sogar Menschen, die mich unterstützen.“
Einmal griff Korap eine Bergbaufirma in einer Rede direkt an, das Video verbreitete sich schnell im Internet. Kurz danach wurde bei ihr eingebrochen, das Haus verwüstet. Dokumente, eine Speicherkarte und ein Handy fehlten, andere Wertgegenstände nicht. Die Täter konnten nicht ermittelt werden – wie so oft bei Angriffen auf Aktivist*innen.
Untertauchen, SIM-Karten tauschen, geheime Standorte
„Das war eine Warnung“, sagt Korap. „Ihr einziger Weg ist es, Leute wie mich zu eliminieren.“ Für kurze Zeit musste sie untertauchen. Immer noch wechselt sie regelmäßig die SIM-Karte ihres Handys, teilt ihren Standort nie mit.
Alessandra Korap Munduruku, indigene Aktivistin
Wie Korap geht es vielen Aktivist*innen in Amazonien. Wer für den Erhalt des Regenwaldes kämpft oder andere Missstände aufdeckt, lebt gefährlich. Im Juni 2022 wurden der britische Journalist Dom Phillips und der Indigenenexperte Bruno Perreira, die für eine Recherche im abgelegenen Javari-Tal unterwegs waren, ermordet, vermutlich von Männern, die illegalen Fischfang betreiben.
Korap ist eine quirlige Frau, macht gerne Witze, lacht viel. Doch wenn sie darüber spricht, was in ihrer Heimat passiert, verdunkelt sich ihre Miene. Staudämme zerstören die Natur, Holzfäller dringen gewaltsam in indigene Gebiete vor, doch vor allem die Garimpeiros, die Goldsucher, machen den Gemeinden rund um Itaituba zu schaffen. „Eine Invasion“, sagt Korap. Denn die Goldindustrie boomt.
Mitte Juli lag der Preis für eine Feinunze Gold, 31,1 Gramm, bei mehr als 1.700 Euro. Die Gründe dafür sehen Expert*innen in einem schwachen Dollar und internationalen Konflikten. In Krisenzeiten setzen Anleger*innen vermehrt auf Gold, das als inflationssicher gilt. Die steigende Nachfrage auf dem Weltmarkt führt zu einem regelrechten Goldrausch in Brasilien.
Wer sind diese Männer, die aus dem ganzen Land in die Region strömen? Die meisten Goldsucher sind skeptisch gegenüber Journalist*innen, scheuen die Öffentlichkeit. Einige sind schwer bewaffnet und schrecken nicht vor Gewalt zurück. Außerdem liegen die meisten Goldminen mitten im Dschungel und sind nur mit dem Privatflugzeug zu erreichen.
„Wir machen nichts Falsches“
In Itaituba gibt es nur wenige Menschen, die mit der Presse sprechen. Damião Elias Bastos da Silva, 56 Jahre, von allen nur der „alte Kleine“ genannt, ist bereit zu vermitteln. Seit 37 Jahren, betont er, sei „die Straße“ sein Zuhause. Als Fahrer, als Lieferant, aber auch als so etwas wie ein Vermittler. Silva arbeitet sowohl für die Indigenen als auch für die Garimpeiros.
Im Morgengrauen geht es mit Silvas Toyota aus Itaituba heraus. Kurz hinter der Stadtgrenze endet die asphaltierte Straße. Das hält Silva nicht davon ab, mit 80 Stundenkilometern über die Buckelpiste zu brettern. „Rinderrippe nennen wir solche Straßen“, sagt er fröhlich. Auf dem Weg sieht man, wie die ganze Region einmal aussehen könnte. Gerodete Flächen, Rinderweiden, Sojasilos. Wo einmal Wald stand, dominiert jetzt die Agrarwirtschaft. Nach rund 50 Kilometern beginnt ein Naturschutzgebiet. Schlagartig verändert sich die Landschaft. Dichter Regenwald, scheinbar unberührte Natur, Amazonien wie im Reisekatalog.
Porto Borroré, ein trostloser Ort bei Kilometer 74 am Tapajós. Männer in Arbeitskleidung dösen unter einem Baum im Schatten, am kleinen Hafen sitzt ein schweigsamer Mann mit Knollennase, der sich als Arthur vorstellt. Nicht weit von hier, sagt er, sei gerade ein Goldsucherschiff unterwegs. Nicht nur tief im Urwald, sondern auch auf den Flüssen wird Gold geschürft. Mit einem Holzboot geht es den Tapajós herunter. Geschickt manövriert Arthur das Boot durch die Strömung.
Nach mehr als einer Stunde Fahrt kommt ein seltsames Gefährt, irgendetwas zwischen Hausboot und gigantischem Rasenmäher, in Sicht, das vor dem Ufer im Wasser treibt. Ein hagerer Mann steht an Bord. José Raimundo Nascimento ist 59 Jahre alt, sieht aber deutlich älter aus. Er trägt einen Schnurrbart, an der rechten Hand fehlt ihm ein Finger. Zu fünft seien sie hier, sagt Nascimento. „Alles Familie.“
Eine Treppe führt zu einer Küche und kleinen Zimmern mit Hängematten. Seine Tochter kocht, der Sohn überwacht die Anlage, es riecht nach Benzin. „Schreibe ruhig meinen Namen auf“, sagt Nascimento, der wegen des ohrenbetäubenden Lärms brüllen muss. Ob er keine Angst habe? Schließlich ist das, was er hier tut, illegal. „Wir machen nichts Falsches. Ich habe keine Geheimnisse.“ Fotos will er trotzdem nicht zulassen.
Goldgräber wurde er aus Not
Zwanzig Stunden arbeitet Nascimentos Familie hier. Jeden Tag. Über Schläuche wird der Schlamm vom Flussboden aufgesaugt. Das Sediment wird dann in eine Art künstlichen Wasserfall geleitet, wo dicke Matten die schwereren Steine zurückhalten und die Goldpartikel auffangen. Es ist ein hochtechnisierter Prozess.
Nascimento ist ganz in der Nähe aufgewachsen. Goldgräber wurde er aus Not. „Von irgendwas müssen wir ja leben.“ Der Lohn sei zwar besser als woanders, aber immer noch gering. Die Arbeit ist hart, oft gibt es Unfälle. Angst machen Nascimento aber vor allem „die Umweltschutzleute“. Er schnappt sich sein Handy und zeigt ein Video. Man sieht ein brennendes Schiff, das im Wasser treibt. Laut Nascimento wurde es von der Umweltbehörde Ibama angezündet. „Die Leute kommen und zerstören alles.“ Nascimento hatte bisher noch keine Probleme. Und es ist davon auszugehen, dass das so bleibt. Denn solche Aktionen werden immer seltener, auch weil die Kontrollbehörden kaum noch Mittel zur Verfügung haben. Denn mit Jair Bolsonaro regiert ein Freund der Goldindustrie.
Für den rechtsradikalen Klimawandelleugner ist der Amazonasregenwald vor allem eines: eine Ressource, die es auszubeuten gilt. Für die Durchsetzung von Wirtschaftsinteressen ist Bolsonaro jedes Mittel recht. Die Regierung entmachtete Umweltbehörden wie die Ibama oder die Indigenenbehörde Funai. Sie kürzte ihnen die sowieso schon spärlichen Mittel, setzte linientreue Funktionär*innen in Führungspositionen ein und feuerte Mitarbeiter*innen mit technischer oder umweltpolitischer Expertise.
Einige wenige Beamt*innen setzen zwar weiterhin die Gesetze durch, auch gegen die Interessen der Regierung. Doch in vielen geschützten Gebieten sind die Behörden nun völlig unterbesetzt. Die Konsequenz: Es gibt immer weniger Kontrollen, immer weniger Bußgelder. Holzfäller, Viehzüchter und Goldgräber verstehen das als Freifahrtschein für ihre illegalen Aktivitäten.
Für Bolsonaro sind die Garimpeiros hart arbeitende Männer, die Respekt verdienen. Regelmäßig besucht er ihre Gebiete, verspricht, die Goldminen zu legalisieren, erzählt stolz, dass sein Vater früher selbst auf Goldsuche war. Seine Regierung setzte Überwachungsaktionen aus. Und so ist es kein Wunder, dass der illegale Bergbau seit dem Amtsantritt Bolsonaros förmlich explodiert ist.
„Einige Indigene sind dafür, andere dagegen“
Kürzlich ging eine Luftaufnahme durchs Netz, die Hunderte Goldgräberboote auf einem Fluss im Amazonasgebiet zeigte. Die Goldsucher dringen in die entlegensten Ecken Amazoniens vor, oft auch in indigene Territorien und Naturschutzgebiete. Dort hinterlassen sie gerodete, unfruchtbare Kraterlandschaften, bringen Drogen, Gewalt, Prostitution und Corona her. Mittlerweile mischen auch kriminelle Organisationen mit. Oft gibt es gewaltsame Konflikte mit Indigenen.
Was Nascimento darüber denkt? „Einige Indigene sind dafür, andere dagegen“, sagt er pragmatisch. Ganz in der Nähe gibt es ein indigenes Dorf, mit den Menschen dort habe es noch nie Probleme gegeben. Und es stimmt: Einige Indigene befürworten den Bergbau in ihren Gebieten. Nicht selten sind es sogar Indigene selbst, die hinter Angriffen auf indigene Gemeinden stehen. „Sie werden bezahlt, um Angriffe durchzuführen“, sagt Verena Glass von der Bewegung Xingu Vivo.
„Doch dahinter stehen sehr reiche weiße Unternehmer, die die Region wirtschaftlich ausbeuten wollen.“ Ein weiteres Problem: Um den Goldstaub zu binden, setzen Männer wie Nascimento Quecksilber ein. Die Reste landen im Fluss und vergiften die Fische, die von den indigenen Bewohner*innen der Region gegessen werden. Das hochtoxische Schwermetall kann zu lebenslangen Nervenschäden führen. Forscher*innen konnten es selbst in weit entfernten Gemeinden nachweisen. Tausende Indigene werden schleichend vergiftet.
Die Gegend rund um Itaituba gilt als wichtigster Goldumschlagplatz. In der ganzen Stadt gibt es Goldläden, die auf Postern fette Gewinne versprechen. In einem dieser Geschäfte gießt ein junger Mitarbeiter gerade flüssiges Gold in eine Form. Woher das Gold kommt? „Aus den Garimpos“, gibt er ohne Umschweife zu. Häufig wird das illegal geförderte Gold in solchen Läden mit gefälschten Herkunftszertifikaten versehen und verschickt.
Anfang Juni führte die Polizei eine Razzia bei der Firma Gana Gold im Bundesstaat São Paulo durch und beschlagnahmte 39 Kilo Goldbarren. Das Unternehmen legte Dokumente vor, die die legale Herkunft bescheinigen sollen. Doch laut Ermittler*innen, die in Medien zitiert werden, sollen die Lizenzen und Zertifizierungsdokumente gefälscht worden sein – in Itaituba.
Kaum jemand wagt es, das Gewerbe zu kritisieren
Dort gibt es kaum Kontrollen, auch weil fast alle in der Region zusammenarbeiten. Der Bürgermeister von Itaituba ist einer der bekanntesten Minenbesitzer der Region. Journalist*innen versuchen noch nicht einmal, objektiv zu berichten. Kaum jemand wagt es, das Gewerbe öffentlich zu kritisieren. Von Itaituba werden die Barren nach São Paulo oder Rio de Janeiro transportiert und an Banken oder Juweliergeschäfte weiterverkauft.
Letztlich landet das Blutgold auch in exklusiven Läden in New York, Moskau, Paris und London, und von dort an den Fingern der Reichen und Schönen. Während sich die Weltgemeinschaft zunehmend für den Ursprung von brasilianischen Agrarprodukten interessiert und sogar Boykotte in Betracht gezogen werden, steht das schmutzige Gold in der Debatte über Brasiliens Umweltpolitik nur selten im Fokus.
In seinem Büro unweit der Rua do Ouro, der Goldstraße, sitzt José Antunes. Er ist 77, trägt nach hinten gekämmte Haare und ein schickes Hemd. Der typische brasilianische Unternehmerlook. Vor mehr als 30 Jahren kam er aus dem Süden Brasiliens nach Itaituba. „Wegen der Möglichkeiten hier.“ Heute arbeitet er als Rechtsanwalt, besitzt eine große Goldmine im Regenwald und ist Präsident der Mote, einer Assoziation der Minenbesitzer. Dort unterstützen sie sich gegenseitig, diskutieren Probleme, üben politischen Druck aus.
Fast die Hälfte des brasilianischen Goldes soll illegalen Ursprungs sein. „Heute ist es schwer, eine Goldmine zu legalisieren“, beklagt sich Antunes. Die Umweltbehörde habe viele Vorschriften, man müsse zahlreiche Dokumente vorweisen. Das will Antunes ändern. Dadurch würde das derzeitige Chaos beendet werden. Das würde letztlich auch der Natur zugute kommen. Außerdem: Die Minen hätten nur einen minimalen Anteil an der Zerstörung des Regenwaldes, behauptet er.
Das sehen Umweltschützer*innen anders. Und die Kritik der Indigenen? In der Region, sagt Antunes, gebe es eigentlich keine richtigen Indios. Es gäbe nur ein paar Gruppen, die hinter dem Geld der NGOs her seien. Solche Aussagen hört man häufig, auch von Vertreter*innen der Regierung Bolsonaro. Dahinter steckt eine einfache Logik: Wenn es keine Indigenen gibt, können sie auch keine Ansprüche stellen.
Weiße Großgrundbesitzer an der Seite Bolsonaros
Antunes bezeichnet sich als Anhänger von Präsident Bolsonaro, sekundiert viele Lügen des ultrarechten Präsidenten. Während sich Teile der brasilianischen Gesellschaft vom krisengebeutelten Präsidenten abgewendet haben, genießt er in Gegenden wie Itaituba, weit weg von den urbanen Zentren, weiterhin große Unterstützung. Und der Verein weißer Großgrundbesitzer*innen und einflussreicher Goldhändler*innen will alles daransetzen, dass Bolsonaro bei der Präsidentschaftswahl im Oktober wiedergewählt wird.
Das Gold, sagt Antunes dann noch, habe Itaituba reich gemacht. Alle profitierten davon. In der Tat wirkt Itaituba wohlhabender als viele andere Städte im Norden Brasiliens. In den Abendstunden, wenn es etwas kühler wird, flanieren Familien über die Promenade, es gibt Hüpfburgen für die Kinder, ein Autoverkäufer präsentiert blankgeputzte Modelle, vor den Restaurants wird Livemusik gespielt. Die reichen Hintermänner der Goldgeschäfte sitzen in den Städten, wohnen in schicken Villen am Flussufer, haben Bagger, Boote und Kleinflugzeuge. Die meisten Goldsucher sind jedoch Männer wie Nascimento. Sie haben keine Perspektive, schuften unter lebensbedrohlichen Bedingungen, oft für einen Hungerlohn. Amazonien ist im wahrsten Sinne des Wortes eine Goldgrube – doch den fetten Reibach machen nur einige wenige.
Die indigene Aktivistin Korap geht einen steilen Abhang zum Fluss hinunter und springt mit einem Satz in den Fluss. „Die Farbe des Wassers hat sich wegen des Bergbaus verändert.“ Korap kämpft dafür, dass überhaupt kein Gold mehr gefördert wird. Und sie wählt radikale Worte, um zu beschreiben, was in Amazonien passiert: „Wir befinden uns in einem Krieg.“ Sie will nicht aufhören, gegen die Vernichtung ihrer Heimat zu kämpfen. Ihre Mutter macht sich deshalb große Sorgen. Ob sie keine Angst habe? Korap schüttelt den Kopf. „Wenn sie mich töten, dann habe ich es zumindest versucht.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland