ZU DEN URTEILEN IM IRAN: DIE MITVERANTWORTUNG DER BÖLL-STIFTUNG: Gefährliche Naivität
Gut gemeint, dumm gelaufen. Mit ihrer nun tatsächlich historischen Konferenz, auf der sich namhafte Reformer aus dem Iran im April vergangenen Jahres erstmals im Ausland einer Diskussion stellten, wollte die veranstaltende Heinrich-Böll-Stiftung das Reformklima in Teheran anfeuern. Doch der Schuss ging nach hinten los: Weil organisierte Störtrupps „Tod der Islamischen Republik“ skandiert und mit ihren Tumulten den Abbruch der Veranstaltung erreicht hatten, wurden die Gäste aus dem Iran, gegen die sich diese Rufe richteten, in ihrer Heimat für ihre Teilnahme an der Skandalkonferenz zur Rechenschaft gezogen. Die harten Urteile gegen sieben der Teilnehmer, die vorige Woche ergingen, stellen die deutsch-iranischen Beziehungen auf eine neue Probe.
Die Heinrich-Böll-Stiftung muss sich nun fragen lassen, inwieweit sie für dieses Fiasko mitverantwortlich zeichnet. Offenbar hat auch sie die Gefahr unterschätzt, die ihren Gästen durch die Teilnahme an der Konferenz drohte, und sie damit zum Teil sogar in Lebensgefahr gebracht. Mit viel gutem Willen, aber offenbar mangelndem Fingerspitzengefühl hat die Böll-Stiftung ihren Teil dazu beigetragen, dass ihre Gäste später, wieder zu Hause, als „Agenten des Auslands“ und „Feinde des Islams“ gebrandmarkt werden konnten. Das deutet auf ziemliche Naivität hin: Nicht nur hat man die Reaktion unterschätzt, welche die Konferenz unter der organisierten iranischen Exilopposition hervorrufen musste, die darin eine propagandistische Vorbereitung des Staatsbesuchs von Präsident Chatami erblickte. Auch hat man das Standing der Reformer falsch eingeschätzt.
Ihr Scheitern verweist aber auch auf eine grundsätzlich falsche Strategie in Sachen Kulturaustausch. Die dramatischen Folgen der Konferenz werfen die Frage auf, ob es für die Grünen-nahe Stiftung Sinn macht, eine Tagung so dezidiert in den Dienst einer politischen Parteinahme zu stellen und sie damit in die Nähe zur offiziellen Außenpolitik der Bundesregierung zu rücken. Damit hat man die Teilnehmer instrumentalisiert – mit besten Absichten, aber letztlich zu ihrem Schaden.
Ob im Iran die gleichen Urteile ergangen wären, wenn die Konferenz nicht so aus dem Ruder gelaufen wäre, ist dabei eine eher zweitrangige Frage. Auf dem Prüfstand steht vielmehr ein kulturpolitisches Engagement, das, wenn schon nicht politischen Interessen, so doch unverhüllt politischen Zielen dient – und seien sie noch so hehr wie der Wunsch, das iranische Reformlager zu stärken.
Weil sie in einem bestimmten Moment aktiv Politik machen wollte, hat die Heinrich-Böll-Stiftung an ihre Tagung einen hohen Anspruch geknüpft – und sich daran letztlich überhoben. DANIEL BAX
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