Gedenktafel für Neşet Ertaş: Brücke zwischen Heimat und Diaspora
Der türkische Volkssänger und Dichter Neşet Ertaş ist eine prägende Person in der deutsch-türkischen Community. Nun bekommt er eine Gedenktafel.
Neşet Ertaş hat eine besondere Bedeutung für die deutsch-türkische Community, besonders für die erste Generation von türkischen Einwanderern, die in den 1960er Jahren als sogenannte Gastarbeiter nach Deutschland kamen. Berlin war zu dieser Zeit ein bedeutender Ort für die türkische Gemeinschaft, da hier eine der größten türkischen Diaspora-Gemeinschaften in Europa lebte. Ertaş kam ebenfalls 1976 wegen einer medizinischen Behandlung nach Deutschland.
1980 zog er nach Schöneberg und holte auch seine Kinder nach Berlin. Von 1980 bis 1985 betrieb er einen Musikladen, das Neşet Ertaş Saz Haus, im zu dieser Zeit stillgelegten U-Bahnhof Bülowstraße im damaligen Türkischen Basar. Seine Auftritte waren nicht nur musikalische Events, sondern auch Momente, in denen sich die Gemeinschaft zusammenfand, um ein Gefühl von Heimat und Zugehörigkeit zu erleben. Für viele Türken in Deutschland, die mit den Herausforderungen der Migration und der Entfremdung konfrontiert waren, wurde Ertaş deshalb zu einer symbolischen Figur.
Neşet Ertaş steht symbolisch für Heimat und Diaspora
Seine Lieder erzählen von den Sorgen und Hoffnungen der einfachen Leute, auch als Garip (einsam, arm) bezeichnet, von der Liebe und der Trennung – Themen, die auch die türkische Diaspora in Deutschland direkt berührten. Besonders in den 1970er und 1980er Jahren, als viele Türken in Deutschland noch nicht richtig integriert waren und mit Identitätsfragen kämpften, war Ertaş’ Musik ein starkes Bindeglied zur eigenen Kultur.
Darüber hinaus war Neşet Ertaş nicht nur ein Musiker, sondern er stand mit seiner Kunst auch für Authentizität, Bescheidenheit und Respekt gegenüber den traditionellen Werten. Diese Eigenschaften machten ihn auch in Deutschland öffentlich bekannt. Seine Musik überwindet immer noch kulturelle Grenzen und wird immer noch von vielen Menschen, die sich mit der Migrationserfahrung identifizierten, als Ausdruck ihrer eigenen Geschichten angesehen.
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