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Gedenken an Niels Högels OpferChristian Marbach will Aufarbeitung

Sein Großvater wurde 2003 im Klinikum Delmenhorst ermordet. Über 20 Jahre später weiht Christian Marbach ein Denkmal vor der Klinik ein.

Gründete die Interessengemeinschaft Klinikmorde: Christian Marbach Foto: Sina Schuldt/dpa

Hamburg taz | Als sein Großvater im Jahr 2003 starb, waren sich der Delmenhorster Christian Marbach und seine Familie sicher, dass „etwas nicht stimmt“. Der Großvater war für eine normale Operation ins Klinikum Delmenhorst eingeliefert worden. Zwei Wochen später musste er plötzlich zweimal wiederbelebt werden und starb schließlich.

Zunächst gingen der heute 54-jährige Marbach und seine Familie von einem Behandlungsfehler aus, weil „niemand mit einem Mord rechnet“. Zudem kannte die Familie die Klinik. Marbachs Tante hatte 30 Jahre dort gearbeitet, Marbach selbst wurde in der Klinik geboren.

Als dann 2005 der Krankenpfleger Niels Högel verhaftet wurde, habe seine Tante „sehr schnell geschaltet und sich die Dienstpläne geben lassen“. Tatsächlich hatte Högel gearbeitet, als der Großvater starb. Bald war klar: Er wurde ermordet. „Das war ein Schock“, sagt Marbach.

Högel hatte zwischen 1999 und 2005 als Krankenpfleger in Krankenhäusern in Oldenburg und Delmenhorst gearbeitet und während seines Dienstes zahlreiche Pa­ti­en­t*in­nen getötet. Er hatte ihnen nicht verordnete Medikamente verabreicht, die sie in Lebensgefahr brachten, um sich mit Reanimationen profilieren zu können. Insgesamt ermittelten die Behörden in 332 Fällen, verurteilt wurde Högel aber nur in 85 Fällen wegen Mordes und in weiteren Fällen wegen gefährlicher Körperverletzung.

Kritik an Justiz und Polizei

Kritik übt Christian Marbach am Umgang von Justiz und Polizei mit der Mordserie nach 2005: „Man wusste um die Dimension der Taten, aber es ist nichts passiert“, sagt er. 2006 und 2008 wurde Högel zunächst für einige der Morde verurteilt. Als 2014 ein weiterer Prozess begann, erfuhren Marbach und seine Familie davon „erst aus der Presse“. Die Familie bemühte sich, als Nebenkläger zugelassen zu werden, aber „das war ein Kaltstart“, sagt er. „Wir haben den ersten Prozesstag verpasst.“ Außerdem wurden 2014 nur sechs weitere Morde verhandelt.

Damals sagte sich Marbach: „Jetzt ist Schluss.“ Er gründete die Interessengemeinschaft Klinikmorde und begann mit der Öffentlichkeitsarbeit. Inzwischen ist er eine der zentralen Figuren in der Auseinandersetzung um das Gedenken an die Opfer der Klinikmorde.

Das erste Denkmal, das für die Opfer 2016 in Delmenhorst errichtet wurde, sei ohne die Beteiligung der Angehörigen entstanden, sagt Marbach. Es sei „ein schlecht improvisierter Versuch, der absolut unwürdig ist“.

Am Dienstag hat er deshalb mit Un­ter­stüt­ze­r*in­nen ein eigenes neues Denkmal eingeweiht, das in Absprache mit der Klinikleitung in Delmenhorst entstanden ist: ein zwei mal vier Meter großes Beet mit einem Findling als Gedenkstein. Auf einer Tafel steht unter anderem: „Wir werden Euch und das, was hier passiert ist, nie vergessen und immer daran erinnern!“

Doch auch mit der neuen Gedenkstätte hat Marbach die Aufarbeitung der Klinikmorde noch nicht abgeschlossen. Er will sich weiter dafür einsetzen, dass „so etwas nie wieder passiert“. Wenn er spricht, klingt er wütend und entschlossen. Aber auch hoffnungsvoll, dass sich doch noch etwas ändert. Die Eröffnung der neuen Gedenkstätte sei erst der Anfang, sagt er.

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