Geburtstag der Emoticons: 30 Jahre Zeichenzoo
Am 19. September 1982 lernten die Satzzeichen lachen. Heute können Emoticons noch viele Sachen mehr. Wir hätten aber noch ein paar Wünsche.
Es gibt nicht so furchtbar viele Phänomene der Alltagssprache, deren Urheber und Geburtszeitpunkt eindeutig festzulegen sind. Wann etwa hat zum ersten Mal jemand „Wayne Interessierts“ gesagt? Wer erfand ROFLMAO? Und wen dürfen wir, wenn erst mal die Revolution gesiegt hat, dafür an die Wand stellen, dass er sich „Zum Bleistift“ ausgedacht hat?
Bizarr eindeutig ist es hingegen bei den //www.taz.de/index.php?id=bildergalerie&tx_gooffotoboek_pi1[srcdir]=SMILEY-Geburtstag:Emoticons – für unsere älteren Leser: Das sind diese kleinen Zeichenfolgen in Internetkommunikation und SMS, die Smiley-Gesichter ergeben, wenn man den Kopf um neunzig Grad nach links kippt. Am Vormittag des 19. September 1982 schrieb der spätere Informatikprofessor Scott Fahlman in ein Diskussionsforum der Carnegie Mellon University von Pittsburgh, dass er sich ein Witzkennzeichner ausgedacht hätte (siehe Kasten).
Was 1982 so schlicht begann, hat sich inzwischen zu einem umfangreichen Zeichenzoo entwickelt. Was kann man nicht alles darstellen. Weinen: :,-( Lachen: :-D Zunge rausstrecken: :b Einen Mann mit Turban und Vollbart: @:{D Einen Biber mit Sonnenbrille und Schirmmütze: dB= – sogar Ironie wollen viele Leute mit dem allgegenwärtigen ;-) verbildlichen können, ohne zu verstehen, dass Ironie ja eben genau nicht so funktioniert, dass man es dazusagen muss.
19-Sep-82 11:44
Scott E Fahlman :-)
I propose that the following character sequence for joke markers:
:-)
Read it sideways. Actually, it is probably more economical to mark things that are NOT jokes, given current trends. For this, use
:-(
In Japan bildete sich später eine Parallelkultur, bei der man den Kopf nicht drehen muss. Hier schauen einen die Emoticons direkt ins Gesicht, wenn sie lachen: ^_^ oder weinen: T_T oder verwirrt sind: o_O – und schau, da, eine Miezekatze! =^.^=
Wobei die Emoticons nur noch selten in ihrer reinen, textbasierten Form zu finden sind, Messenger, Internetforen und Handys wandeln sie automatisch zu kleinen bunten, im schlimmsten Fall sogar animierten Grafiken um. Irgendwo auf der Welt wird es von der Industrie bezahlte Emoticon-Designer geben. Dafür wurde das Internet nicht gegründet!
Gleichzeitig treten aber immer noch Situationen auf, für die es eben genau keine Emoticons gibt. Hier muss dringend nachgebessert werden! Sieben Emoticons, die der Welt noch fehlen:
7. Das Flausch-Emoticon: „Brauche Liebe, nehme aber auch unkritische Zustimmung.“
6. Das Falsches-Fremdwort-Emoticon: „Ich bin mir nicht sicher, ob ich das Emoticon gerade richtig verwendet habe, also nagel mich nicht drauf fest. Ich wollte halt eines von den coolen Kindern sein.“
5. Das Esstisch-Emoticon: „Gibst du mir mal eben das Salz rüber?“ (wenn man gemeinsam im Restaurant sitzt und sich via WhatsApp unterhält)
4. Das Guttenberg-Emoticon: „War diese geniale Idee gerade wirklich von dir oder hast du die irgendwo abgeschrieben?“
3. Das Obama-Emoticon: „Äh, ja, ich weiß auch nicht, wie ich das jetzt hinkriegen soll. Aber hey: die Alternative ist noch viel schlechter.“
2. Das Falsches-Fenster-Emoticon: „Huch, ich habe gerade etwas sehr Peinliches geschrieben, weil ich die Chatfenster vertauscht habe. Lass uns bitte nicht drüber reden und so tun, als wäre es nicht passiert.“
1. Das Piratenpartei-Emoticon: „Ich habe mir dazu noch keine Meinung gebildet, mein interner Liquid-Feedback-Vorgang läuft noch.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen