Geberkonferenz für Jemen: Erst bomben, dann helfen
Eine UN-Konferenz sammelt Hilfsgelder für den Jemen. Ausgerechnet die Saudis, die das Nachbarland zerbombt haben, haben dazu eingeladen.
Der Luftangriff von Kitaf im März vergangenen Jahres, der eigentlich einer Tankstelle in unmittelbarer Nähe galt, ist nur einer von Tausenden Angriffen im Jemen. Regelmäßig werden dabei ZivilistInnen verletzt und getötet und Krankenhäuser oder Schulen zerstört.
„Jemen ist die weltweit größte humanitäre Krise“, teilten die UN anlässlich einer internationalen Geberkonferenz am Dienstag mit, die in diesem Jahr aufgrund der Coronapandemie online stattfinden musste. „24 Millionen Menschen benötigen Hilfe und Schutz und die Situation verschlechtert sich von Stunde zu Stunde.“
Die Pandemie verschärfe die Lage im Jemen noch weiter. „Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass sich Covid-19 schnell und weit im ganzen Land verbreitet.“ Das in großen Teilen zerstörte Gesundheitssystem des Landes würde ein größerer Corona-Ausbruch restlich überfordern.
Millionen-Zusage aus Saudi-Arabien
Für Lebensmittel, Medikamente und andere Hilfsgüter baten die UN am Dienstag um Zusagen in Höhe von rund 2,4 Milliarden US-Dollar von den internationalen Geldgebern. 180 Millionen davon würden speziell für den Kampf gegen das Coronavirus gebraucht. Bislang wurden im Jemen nach Angaben der Johns-Hopkins-Universität lediglich 354 Corona-Infizierte gemeldet, von denen allerdings 84 gestorben sind, was eine hohe Dunkelziffer vermuten lässt.
Deutschland sagte weitere 70 Millionen Euro zu. Insgesamt unterstütze die Bundesregierung in diesem Jahr Programme im Jemen mit 145 Millionen Euro, teilte ein Sprecher des Entwicklungsministeriums mit.
Eine Zusage für 525 Millionen US-Dollar an Hilfsgeldern kam ausgerechnet von Saudi-Arabien. Das schwerreiche Nachbarland ist nicht nur aktive Kriegspartei im Jemen, sondern gleichzeitig auch einer der größten Geldgeber. Erstmals seit Beginn des Jemenkriegs ist Saudi-Arabien in diesem Jahr zudem offizieller Co-Ausrichter der UN-Geberkonferenz, was im Jemen wie auch international auf Kritik stieß.
Die Konferenz sei „ein alberner Versuch“, die eigenen Verbrechen zu beschönigen, teilte ein Sprecher der jemenitischen Huthi-Rebellen mit, gegen die Saudi-Arabien im Rahmen einer Militärkoalition mehrerer Staaten kämpft.
Die politische Analystin Maysaa Shuja al-Deen sagte dem Nachrichtensender Al Jazeera, Saudi-Arabien würde mit der Konferenz versuchen, das eigene Bild aufzupolieren. Das Land habe „schon immer versucht, das Narrativ des Kriegs zu ändern und sich selbst als Unterstützer der legitimen Regierung statt als Teil des Konfliktes zu präsentieren“.
Angriffe auf Ackerland und Häfen
Die saudisch geführte Militärkoalition führt seit 2015 Krieg gegen die vom Iran unterstützte Huthi-Miliz, die weite Teile des Landes von der international anerkannten Regierung von Abed Rabbo Mansur Hadi erobert hat. Ein ExpertInnenpanel des UN-Menschenrechtsrats hat der Koalition in einem im September veröffentlichten Bericht schwere Vorwürfe gemacht.
Mark Lowcock, UN-Nothilfekoordinator
„Luftangriffe der Koalition haben insbesondere Ackerland, Wasseranlagen, wesentliche Hafeninfrastruktur und medizinische Einrichtungen zerstört oder beschädigt“, heißt es in dem Bericht. Auch sei Hilfspersonal sowie die Verteilung humanitärer Hilfsgüter behindert worden. Ähnliche Vorwürfe erhob das Panel auch gegen andere Kriegsparteien im Jemen.
In der Kritik steht unter anderem die Auswahl der Ziele von Luftangriffen der Militärkoalition. Es bestünden „ernsthafte Zweifel“ an der Verhältnismäßigkeit, den getroffenen Vorsichtsmaßnahmen und daran, „ob der Prozess der Zielauswahl den Grundprinzipien des humanitären Völkerrechts“ entspreche.
Auch den Angriff in Kitaf, bei dem insgesamt acht Zivilisten getötet wurden, untersuchten die UN-ExpertInnen. Die Rakete wurde demnach von der von Saudi-Arabien geführten Koalition abgefeuert.
Dass die Saudis nun gemeinsam mit den UN die Hilfskonferenz ausrichten durften, verteidigte UN-Nothilfekoordinator Mark Lowcock im Vorfeld. Das Königreich sei ein wichtiger Geldgeber und die UN würden die Kriegsparteien weiterhin für „Aktionen, die sie nicht tun sollten“, anprangern.
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