Gaza-Bericht von Human Rights Watch: Hamas hat 32 Palästinenser exekutiert
Human Rights Watch wirft der Hamas schwere Verbrechen vor. Politische Gegner werden brutal ermordet; missliebige Personen mit Knieschüssen malträtiert.
JERUSALEM taz | Der Knieschuss ist ein Markenzeichen der Hamas geworden. Die radikalislamische Organisation wendet ihn in Gaza bei politischen Gegnern an. Besonders häufig wurden Mitglieder der rivalisierenden Fatah sowie angebliche Kollaborateure während des Gazakrieges im Januar auf diese Weise verstümmelt - oder gleich erschossen. Erstmals hat eine neutrale Instanz die Gewaltexzesse der Hamas bestätigt: Die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) veröffentlichte diese Woche einen alarmierenden Bericht.
"Hamas ist gewalttätig gegen politische Gegner und solche, die sie für Kollaborateure der israelischen Truppen hält, vorgegangen", so Joe Stork, Vizedirektor der Nahostabteilung von HRW. Den Untersuchungen zufolge wurden während und nach dem Krieg mindestens 32 Palästinenser von Hamas-Sicherheitskräften oder Milizen getötet. Mindestens 49 Männern wurde in die Knie oder Beine geschossen, oft vor den Augen ihrer Frauen und Kinder. 73 weiteren seien die Arme oder Beine gebrochen wurden, sagt der HRW-Report.
Hamas habe alles getan, um "Kontrolle auszuüben, einzuschüchtern, zu bestrafen und zuweilen den politischen Gegner oder mutmaßliche Kollaborateure Israels zu beseitigen", so die Organisation. 18 der 32 getöteten Palästinenser wurden HRW zufolge während der dreiwöchigen israelischen Invasion umgebracht. Die meisten dieser 18 entkamen dem Gefängnis des zentralen Sicherheitskomplexes, nachdem die israelische Luftwaffe es bombardiert hatte. 14 weitere wurden in den drei Monaten danach getötet, 4 davon in Haft.
Die Hamas weist den HRW-Report als unfair zurück. Der Bericht sei "falsch, voreilig veröffentlicht, enthält keine Informationen und schadet der Hamas-Bewegung im Gazastreifen", sagte Hamas-Sprecher Fausi Barhum. Ein anderer Sprecher, Taher al-Nunu, räumte jedoch ein, dass mutmaßliche Kollaborateure getötet wurden. "Die Regierung hat eine Untersuchung eingeleitet, die aber noch nicht beendet ist."
HRW erhob aber nicht nur Vorwürfe gegen die Hamas im Gazastreifen, sondern auch gegen die Fatah, die das Westjordanland kontrolliert. Die Anschuldigungen sind aber weniger schwer. In 31 Fällen liegen Klagen über Polizeifolter vor. Ein Hamas-Mitglied ist unter ungeklärten Umständen in Haft gestorben. "Westliche Regierungen, die die Fatah-Regierung finanzieren", so Stork, "haben bisher zu den willkürlichen Verhaftungen und der Folter an Hamasmitgliedern und anderen geschwiegen."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern