■ Gastkommentar: Moralische Niederlage
Nach monatelangen Auseinandersetzungen ist der Versuch der Gesundheitsverwaltung und des Krankenhauses Neukölln, eine unbequeme Kritikerin loszuwerden, erst mal gescheitert. Cora Jacoby kann nach dem Beschluß des Verwaltungsgerichtes ohne Kündigungsandrohung weiter als Ärztin arbeiten. Dies ist eine schallende Ohrfeige für Gesundheitssenatorin Beate Hübner. Dabei hatte Cora Jacoby doch in einer Fernsehsendung nur deutlich ausgesprochen, was in weiten Bereichen der Krankenhäuser alltäglich geworden ist: Unter dem Druck der finanziellen Notlage der Krankenkassen werden willkürlich Bettenstreichungen vorgenommen. Da notwendige strukturelle Reformen wie eine Verzahnung von ambulanter Medizin und Krankenhäusern unterbleiben, steigt der Belegungsdruck für die restlichen Betten an, was zu Hektik und Überlastung bei Ärzten und Pflegekräften sowie zu mangelhafter Versorgung der PatientInnen führt. Besonders im Krankenhaus Neukölln mit seinem riesigen Einzugsgebiet liegen PatientInnen dann schon mal auf dem Flur oder werden vorzeitig entlassen, damit wieder Betten frei werden. Dies ist von Patienten bestätigt worden.
Statt sich mit diesen Fehlentwicklungen auseinanderzusetzen und für Abhilfe zu sorgen, haben die Chefärzte des Krankenhauses und die Gesundheitsverwaltung alles abgestritten. In Zukunft geht das nicht mehr so einfach, denn berechtigte Kritik an den Versorgungszuständen eines Krankenhauses ist kein Kündigungsgrund. Tja, und was sagt unsere Gesundheitssenatorin und ehemalige Krankenhausärztin dazu? – Wie üblich nichts. Bernd Köppl
Der Autor ist gesundheitspolitischer Sprecher
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