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GastkommentarStreik ist die Demontage von unten

■ Ehemalige Vorsitzende des Elternbeirates über den Streik

Liebe Bildungssenatorin - nur weiter so. Durch die „Strafgelder“für streikende LehrerInnen wird sich die leere Bildungskasse bald füllen. Liebe LehrerInnen - nur weiter so - bestraft durch eure geplanten Aktionen ruhig die SchülerInnen und Eltern, die bislang auch für eure Rechte gekämpft haben.

Der Weg der linearen Arbeitszeiterhöhung für die Lehrer, den Frau Senatorin Kahrs geht, ist bildungspolitisch ebenso instinktlos wie pädagogisch falsch. Statt Bildungshoheit und Föderalismusdenken, bietet sie dumpfe Anpassung an erwiesen schlechte Maßgaben des Bundesdurchschnitts. Statt Rückgrat und Vorreiterrolle werden Bildungsvielfalt, Integration, Erneuerung und Weiterentwicklung im Bildungsbereich auf dem Koalitionsaltar der Sparzwänge geopfert - weitere Opfer sind die SchülerInnen Bremens.

SchülerInnen, Eltern und auch viele LehrerInnen kämpften bisher gemeinsam gegen die Sparpolitik im Bildungsbereich - jetzt wenden sich die LehrerInnen gegen SchülerInnen und Eltern.

Statt gemeinsam Stärke zu präsentieren und Zusammenhalt zu propagieren, fällt der GEW (Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft) nichts anderes ein, als einen Tag vor einem wegen Feiertag sowieso schulfreien Tages zu streiken und gleichzeitig über die Medien die SchülerInnen und Eltern davon in Kenntnis zu setzen, daß sie zukünftig u.a. Klassenfahrten, Wandertage und Projekttage streichen werde.

Liebe LehrerInnen, wo bleibt euer pädagogischer Anspruch - oder habt ihr etwa keinen? Degradiert ihr - war dies doch bislang Zielrichtung der Koalitionspolitik - nun die Schulen zu reinen Lehranstalten? Laßt ihr euch jetzt zu Handlangern der bremischen Sparpolitik umfunktionieren?

Welche Freude muß da bei den Bildungskoalitionären aufkommen - und wofür haben wir so lange gekämpft, haben unsere Kraft und unsere Zeit eingesetzt, wenn ihr jetzt die Demontage von unten betreibt? Vielleicht sollten die LehrerInnen das vom BMBF geförderte Forschungsprojekt „Das Bild der Schule aus der Sicht von Schülern und Lehrern“, das vom Institut für Schulentwicklungsforschung der Universität Dortmund bearbeitet wurde lesen. Wird dort doch die Frage nach der Wichtigkeit von Angeboten wie Praktika, Klassenfahrten, Arbeitsgemeinschaften, Projektwochen u.v.m. für das schulische Leben von den befragten LehrerInnen für sehr wichtig bis wichtig erachtet.

Unabhängig davon, bleibt die grundlegende Forderung der Schüler-und Elternschaft nach Neueinstellung von jungen LehrerInnen nicht nur bestehen, sondern muß heftiger denn je eingefordert werden angesichts einer linearen Arbeitszeiterhöhung für alle LehrerInnen, die politisch gewollt ist, ohne gewachsene Schulstrukturen sowie die vorhandene Altersstruktur der gegenwärtigen Lehrergeneration zu berücksichtigen.

Die Bremer Bildungspolitiker müssen endlich begreifen, daß das Gebot der Stunde nicht Abbau, sondern nur Aufbau und Ausbau sein kann. Der Wirtschaftsstandort Bremen ist nicht unabhängig von Bildungspolitik zu betrachten, im Gegenteil ist die beste Förderung, Fächerung und Integration unter Einsatz bestausgestatteter Schulen, ansprechender Räume und stets auf dem neuesten Stand stehender, altersmäßig gut durchmischter Kollegien erforderlich, um dem Wirtschaftsstandort Bremen eine weit über die Landesgrenzen hinausgehende Attraktivität zu verleihen, die Bremen nicht zum dauerhaften Bittsteller macht, sondern die sehr gut ausgebildeten Schülergenerationen gestattet, sich zu ihrer Ausbildungsstadt zu bekennen und innovativ für diese Stadt zu werben. Das erreichen wir niemals durch ständige Nivellierung nach unten und schon gar nicht durch Anpassung an Bundesstandards, die von den Elternvertretungen der anderen Bundesländer langst nicht mehr als ausreichend, geschweige denn repräsentabel angesehen und bundesweit - leider noch nicht einheitlich - bekämpft werden.

Macht euch nicht die zu Gegnern, die eure wichtigsten Verbündeten sind - die Bremer SchülerInnen und ihre Eltern.

Heidrun Huthoff, ehemalige Vorsitzende des Zentalelternbeirats (ZEB), – ist vor wenigen Tagen von ihrem Amt zurückgetreten. Die Arbeit im ZEB war zu frustrierend. Das Gremien werde zu wenig ernst genommen und sei nur auf dem Papier mächtig.

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