Gasgewinnung in der Nordsee: Um die Wette bohren
Niederländische und deutsche Umweltorganisationen protestierten gegen eine Bohrplattform nördlich des Wattenmeers. Doch Den Haag gibt nun grünes Licht.
Geklagt hatten dagegen mehrere Umweltorganisationen aus beiden Ländern, darunter die Deutsche Umwelthilfe (DUH), Greenpeace und Natuurmonumenten. Unter anderem wegen entstehender Stickstoff-Emissionen und Unterwasserlärm forderten sie, die Anlegung der Bohrinsel auszusetzen und die Umweltlizenzen zurückzuziehen.
Das betroffene Gasfeld liegt etwa 20 Kilometer nördlich der Watteninseln Schiermonnikoog und Borkum. Bereits seit September vergangenen Jahres verhandelt das Gericht in Den Haag die Erlaubnis für die Bohrungen dort. Im April dieses Jahres hatte ein Den Haager Gericht noch Teile der Umweltgenehmigung außer Kraft gesetzt und den Bohrbeginn damit aufgeschoben.
Nachdem One-Dyas mit zusätzlichen Dokumenten die Zweifel im Ministerium beseitigt hatte, erteilte der niederländische Staatssekretär für Bergbau Hans Vijlbrief Ende Mai eine neue Lizenz.
One-Dyas wollte daraufhin seine Bohrinsel bereits Anfang Juni installieren. Greenpeace-Aktivist*innen besetzten dann in einer Protestaktion die Bohrplattform. Sie forderten keine neuen fossilen Energiequellen in der Nordsee zu nutzen. Ein Eilantrag der Umweltorganisationen legte das Vorhaben schließlich in letzter Minute auf Eis. Das höchste Verwaltungsgericht verhängte einen vorläufigen Baustopp bis zum Urteil vom Freitag.
Wirtschaftliche Interessen wiegen schwerer
Das Gericht entschied nun „zum Nachteil von DUH und anderen“. Damit schätzt es die von den Kläger*innen vorgebrachte Schädigung der Natur als weniger schwerwiegend ein. Und bewertet die „betriebswirtschaftlichen Interessen von One-Dyas“ sowie die „Lieferungssicherheit von Erdgas im Winter 2024-2025 zur Überbrückung der niederländischen Energie-Transition“ als übergeordnet.
Das Thema Energiesicherheit ist in den Niederlanden heikel: im Herbst wurde die Gasgewinnung unterhalb der Provinz Groningen eingestellt, nachdem diese jahrelang immer wieder für Erdbeben gesorgt hatte. Dadurch wurde das Land in kurzer Zeit vom Gas-Exporteur zum Importeur. In die gleiche Periode fiel auch der europäische Abschied von russischem Gas als Reaktion auf den Angriff auf die Ukraine.
Schon unter der nun abtretenden Regierung Mark Ruttes war die Nordsee als Fördergebiet vorgesehen. Die neue Rechts-Regierung, die Anfang Juli vereidigt werden soll, will diese laut Koalitionsvertrag „ausweiten“. One-Dyas-Direktor Chris de Ruyter van Steveninck will nun „schnell weitermachen um Ende 2024 das erste Erdgas aus dem Gebiet liefern zu können“.
Ein Greenpeace-Statement kritisiert dagegen „mitten in der Klima-Krise nahe des verletzbaren Wattenmeers nach neuem Gas zu bohren“. Eine Sprecherin der Organisation Natuurmonumenten wies auf ein noch ausstehendes Hauptverfahren hin. „Das Rennen ist noch nicht gelaufen.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Macrons Krisengipfel
Und Trump lacht sich eins
Frieden in der Ukraine
Europa ist falsch aufgestellt
Maßnahmenkatalog vor der Bundestagswahl
Grünen-Spitze will „Bildungswende“
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
USA und Russland besetzen ihre Botschaften wieder regulär
Krisentreffen nach Sicherheitskonferenz
Macron sortiert seine Truppen
Gentrifizierung in Großstädten
Meckern auf hohem Niveau