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Ganztagsbetreuung an GrundschulenFehlt nur noch das Personal

Ralf Pauli
Kommentar von Ralf Pauli

Die erste Hürde ist genommen: Bund und Länder machen den Weg frei für den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen.

So eine Freude! Und jetzt auch ganztags! Schulanfängerin mit Schulanfangszubehör Foto: dpa

G eht doch. Bund und Länder haben gestern Nacht ihren Streit um die Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder beigelegt. Selbst der grüne Querulant Winfried Kretschmann, der das Gesetz zuletzt im Bundesrat scheitern ließ, wollte sich nicht den Ruf des renitenten Verhinderers einhandeln.

Das ist gut für Kretschmann – und noch besser für die übrigen Beteiligten. Die Bundesregierung hat ihr Versprechen aus dem Koalitionsvertrag eingelöst, einen bundesweiten Rechtsanspruch ab dem Jahr 2026 zu schaffen. Die Länder sichern sich Milliarden für den Ausbau und den Betrieb der Ganztagsbetreuung (die nach der nächtlichen Sitzung im Vermittlungsausschuss noch etwas mehr geworden sind).

Vor allem ist die Einigung gut für Familien. Elternumfragen belegen, dass vor allem erwerbstätige Mütter die Ganztagsbetreuung an Grundschulen benötigen. Der Rechtsanspruch hilft also Eltern, Beruf und Familie besser zu vereinen. Im besten Fall baut er noch soziale Ungleichheit ab. Werden die Bundesmilliarden wie vereinbart eingesetzt, werden die Grundschulkinder dort nicht nur „geparkt“, sondern individuell gefördert.

Welche positive Resonanz ein Rechtsanspruch auf Betreuung haben kann, zeigen Länder wie Hamburg oder Thüringen. Dort melden mehr als 90 Prozent der Eltern von Grundschulkindern einen Betreuungsbedarf an, in manchen westdeutschen Ländern liegt der Bedarf bei unter 70 Prozent. Aus Hamburg und Thüringen lernt man: Wird der Staat verbindlich, steigt auch die Zahl der Bürger:innen, die das Angebot wahrnehmen (möchten).

Stichwort Personalmangel

Das ist schön. Jetzt fehlen nur noch die entsprechenden Angebote, vor allem in Schleswig-Holstein, Bayern und Baden-Württemberg. Kleiner Funfact: Ausgerechnet das reiche Baden-Württemberg, das am liebsten noch mehr Geld vom Bund haben möchte, ist Schlusslicht beim Ganztagsangebot an Grundschulen.

Jetzt haben Kretschmann & Co fünf Jahre Zeit, nachzubessern. Ob die Länder dann wie versprochen für alle Erst­kläss­le­r:in­nen eine fünftägige Betreuung à 8 Stunden anbieten können, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Vor allem der Personalmangel bei Er­zie­he­r:in­nen – Stichwort paralleler Kita-Ausbau – könnte den Rechtsanspruch gefährden.

Nur eins ist sicher: Der Streit über die finanzielle Beteiligung des Bundes dürfte auch nach 2026 wieder Thema sein. Teil des Kompromisses von Montagabend war, die entstehenden Betriebskosten bei den Ländern evaluieren zu lassen. So gesehen haben Bund und Länder ihren Streit nicht wirklich beigelegt – sondern vertagt.

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Ralf Pauli
Redakteur Bildung/taz1
Seit 2013 für die taz tätig, derzeit als Bildungsredakteur sowie Redakteur im Ressort taz.eins. Andere Themen: Lateinamerika, Integration, Populismus.
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1 Kommentar

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  • Das macht natürlich Sinn! ERST ein Gesetz verabschieden, und DANACH überlegen wie es umgesetzt wird. Super! ICH bin Lehrer, habe selbst eine Tochter im Grundschulalter und freue mich über jedes Angebot (im Moment nehmen wir eine private Hausaufgabenbetreuung in Anspruch). Aber wo sind die dafür nötigen LehrerInnen?!? Selbst für den „normalen“ Unterricht findet sich kaum adäquates Personal mit der richtigen Ausbildung. Ähnlich wie bei der E-Mobilität: ERST die Verbrenner per Gesetz verbieten wollen und DANN überlegen, wie und wo man die nötige Infrastruktur für die alternativen Antriebsformen herbekommt!