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Galerieempfehlung für BerlinErinnern und Vergessen

Tipp der Woche: Chan Sook Choi erforscht Migrationsgeschichten japanischer und koreanischer Frauen. Die taz sprach mit der Künstlerin.

Chan Sook Choi, „Archive Yangjiri“, Multimedia-Installation, Fotos, Sound, Modelle, Sandskulpturen, Text, 2016 Foto: Chan Sook Choi
Beate Scheder
Interview von Beate Scheder

Ein geerbtes Fotoalbum gibt Chan Sook Choi die Route vor. Die Künstlerin versucht den Weg ihrer Großmutter nachzuvollziehen, die als japanische Frau eines koreanischen Arbeiters nach Ende der japanischen Kolonialherrschaft nach Korea zog, eine junge Migrantin wie sie selbst, Jahrzehnte später in Berlin.

In einer Videoarbeit spürt Chan Sook Choi den Orten auf den Fotos nach. Im Grimmuseum sind eine Preview dieses Langzeitprojekts und auch andere Arbeiten der Künstlerin zu sehen, in denen sie sich mit weiblicher Migration und Identität beschäftigt.

Vor allem am Beispiel zweier Gruppen: Japanerinnen wie ihre Großmutter, denen in Korea aufgrund ihrer Herkunft Ablehnung entgegenschlug, und sogenannte Trostfrauen, koreanische Zwangsprostituierte in japanischen Kriegsbordellen.

Chan Sook Choi hat Interviews mit Frauen geführt, in denen sie in Bruchstücken von persönlichen Erinnerungen erzählen – gleichzeitig sensible Annäherungen an individuelle Biografien wie fragmentartige Bilder für das Gefühl des Entwurzeltseins.

Die Künstlerin verwebt diese in der Ausstellung mit einer Reise in ein einst aus Propagandagründen errichtetes Minbuk-Dorf nahe der nordkoreanischen Grenze. Aufgesplittert in seine Bestandteile wird der Ort in ihrer Installation zum identitätskonstruierenden Moment.

Einblick (645): Chan Sook Choi, Künstlerin

Zeit + Ort

Grimmuseum, bis 12. 11., Mi.–Sa. 14–18 Uhr, Fichtestr. 2

taz: Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?

Chan Sook Choi: Pina Bausch und das Tanztheater im Martin-Gropius-Bau. Die Ausstellung kombiniert ihre Biografie mit ihrem Blick auf den Tanz und den entstandenen Choreografien. Besonders gefallen hat mir die Arbeit über ihre Stücke, die als 6-Channel-Video-Installation gezeigt wird. Eine geniale Idee. So ergibt sich eine Art Lebenslinie ihres Werks. Und trotz der Vermittlung durch Film lässt sich die ungeheure innere Energie spüren.

Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen?

In der Nähe meiner Wohnung gibt es einen Jazzkeller mit Live-Musik – Kunstfabrik Schlot. Die Atmosphäre ist gut und die Drinks sind es auch. Man kann dort z. B. mit Freunden beim Montagsjazz oder Blues on Tuesday eine gute Zeit verbringen.

Welche Zeitschrift/welches Magazin/welches Buch begleitet dich zurzeit durch den Alltag?

Zurzeit lese ich eine klassische chinesische Schrift: das Daodejing von Laozi. Eine Sammlung von Aphorismen, die die Basis für den Daoismus sind. Sie sind für mich eine Inspiration für meine Haltung im Alltag.

Bild: privat
Im Interview: 

Chan Sook Choi (* in Seoul) studierte Visuelle Kommunikation und Experimental Media Design an der UdK und war Meisterschülerin bei Maria Vedder. Auszeichnungen (Auswahl): International Media Art Award – Bibliartes & Pergamonmuseum (2008), Artist of Tomorrow – Sungkok Art Museum (2011). Ihre Kunst wird international ausgestellt. Zurzeit ist ihre Einzelausstellung „Re Move“ im Grimmuseum zu sehen.

Was ist dein nächstes Projekt?

Im Grimmuseum läuft gerade meine Ausstellung RE MOVE über Migrationsgeschichten japanischer und koreanischer Frauen während des Zweiten Weltkriegs und danach. Außerdem arbeite ich an der Konzeption einer Medienfassade für das Humboldt-Forum, die zu den Asien Pazifik Wochen 2017 gezeigt werden soll. In „Yin Yang Su Wha“ will ich die Energie (Qi) der fünf Elemente (Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser) in eine digitale Sprache verwandeln.

Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten Freude?

Mich mit befreundeten Künstler_innen in der Berliner Szene treffen. Besonders gern gehe ich zu den Eröffnungen von NON Berlin. Ein Ort für asiatische zeitgenössische Kunst und Knotenpunkt für den Austausch zwischen asiatischer und europäischer Kunstszene. Die Ausstellungen sind fast immer interessant, die Leute nett und oft entwickeln sich gute Gespräche.

Text und Interview erscheinen im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg immer Donnerstags in der Printausgabe der taz

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