Galerie-Aus am Alexanderplatz: Poker um die Zentral- und Landesbibliothek
Die Eigentümerin droht den Mietvertrag auslaufen zu lassen, sollte die ZLB nicht in die Immobilie geholt werden. Doch der Senat ist nicht machtlos.
„Das Warenhaus in der bisherigen Form ist Vergangenheit“, teilt ein Sprecher des Unternehmens in einem Rundschreiben mit. Laut Commerz Real gibt es zwei Optionen: In der ersten, vom Unternehmen favorisierten, zieht die ZLB in das Gebäude des jetzigen Warenhauses und des gerade im Bau befindlichen Büroturms. Die Galeria-Filiale wird auf ein Drittel, von derzeit 36.000 auf 12.000 Quadratmeter verkleinert, bleibt aber erhalten.
Als zweite Variante schlägt Commerz Real eine Mischnutzung vor, bei der Galeria, wenn überhaupt, nur eine von vielen Einzelhändlern und Gastronomieangeboten ist. „Diverse Interessensbekundungen von renommierten Anbietern liegen uns bereits vor“, sagt der Sprecher zur taz.
Mit der Drohung, den Warenhausstandort am Alex zu begraben, sollte der Senat in Sachen ZLB nicht einlenken, bringt die Commerz Real die Landesregierung in die Bredouille. Denn die will sowohl das traditionsreiche Warenhaus erhalten als auch die 350 Arbeitsplätze: „Wir wollen, dass der Standort erhalten bleibt und dass Galeria dort eine langfristige Perspektive bekommt“, sagt Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey. Doch die SPD-Politikerin stellt die Bedingung, dass den Beschäftigten eine langfristige Perspektive geboten wird, bevor der Senat Zusagen zu einem möglichen Umzug der Landesbibliothek macht.
ZLB offen für neuen Standort
Die ZLB ist schon seit Jahren auf der Suche nach einer zentralen Lösung für seine bislang auf zwei Standorte aufgeteilten Bibliotheken. Zuletzt war das ehemalige Kaufhaus Galeries Lafayette in der Friedrichstraße im Gespräch. Der Vorschlag scheiterte aber an mangelnder Finanzierung seitens des Senats. Auch dem Alexanderplatz erteilte Giffey im Juni eine Absage. Der Umzug sei „unter keinen Umständen finanzierbar“, so die Senatorin.
Die ZLB selbst begrüßt den Vorstoß. Es werde dringend ein zentraler Standort benötigt, so eine Sprecherin zur taz. Und der Alexanderplatz sei gut geeignet. Flächenangebot und Struktur des Gebäudes seien passend, und auch die Lage im Stadtraum und der Nahverkehrsanschluss seien günstig.
Der Druck für eine Einigung steigt, denn schon im Februar 2026 läuft Galerias Mietvertrag mit der Commerz Real aus. Schließt die Filiale im Februar, müssten schon jetzt Sozialpläne für die Mitarbeiter:innen erstellt werden. Doch die Verhandlungen zwischen Senat und Eigentümerin starten erst wieder im September, wenn die Sommerpause vorbei ist und Commerz Real ein umfassendes Konzept zur Finanzierung und Gestaltung vorlegt.
Um Zeit zu gewinnen, verhandeln Galeria und Commerz Real derzeit über eine Verlängerung des Mietvertrags bis August. Doch laut einem Bericht der Morgenpost stecken die Verhandlungen fest, weil Commerz Real vier Millionen Euro für die Sanierung des Gebäudes fordert. Unter dem Voreigentümer Signa wurden jahrelang Sanierungsmaßnahmen verschleppt, aufgrund der laufenden Verträge muss der Kaufhauskonzern selbst für die Kosten aufkommen.
Senat nicht machtlos
Galeria, die gerade erst aus dem dritten Insolvenzverfahren innerhalb weniger Jahre kommt, konnte demnach bislang nur ein Viertel der Summe anbieten. Die Commerz Real betont, nur wenn es zu einer Lösung mit der ZLB kommen sollte, würden die Kosten für die Sanierung mit der Miete Galerias verrechnet – und macht so weiter Druck, um die Bibliothek in die Immobilie zu holen.
So oder so muss laut der Eigentümerin das Warenhaus für die Dauer der Sanierung komplett schließen. Im Juni hieß es noch, die Sanierung könne im laufenden Betrieb absolviert werden.
Laut dem arbeitspolitischen Sprecher der Linksfraktion, Damiano Valgolio, hat der Senat aber noch einen Hebel, um die Zukunft Galerias am Alex zu sichern. Der weiterhin gültige städtebaulichen Vertrag mit der Vorbesitzerin Signa aus dem Jahr 2022 sichert den Erhalt eines Großwarenhauses an dem Standort zu. „Ein Mall-Konzept ist ausgeschlossen“, sagt Valgolio. Auch etwaige Sanierungen seien demnach nur im laufenden Betrieb gestattet.
Der Senat sollte den Hebel des Vertrags nutzen, um den Galeria Standort in ausreichender Größe zu sichern, fordert Valgolio. Denn es sei fraglich, ob das Kaufhaus mit nur einem Drittel seiner ursprünglichen Fläche Bestand haben könne. „Die Frage ist, wie sehr traut sich der Senat, sich mit der Commerz Real anzulegen?“
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