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Gäubiger verzichten, Fans spendenTraditionsverein rettet sich vor der Insolvenz

Der VfB Lübeck schlug vergangene Woche Alarm, weil die unmittelbare Insolvenz drohte. Hilfe kommt dann sehr schnell von vielen Seiten.

Genug Spenden gesammelt: Wenn Fans des VfB Lübeck sich freuen, brennen sie gern mal Pyros ab Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Hamburg taz | Dass der Fußball-Regionalligist VfB Lübeck ein spielfreies Wochenende hatte, kam den Vereinsverantwortlichen entgegen, gab Sprecher Max Lübeck umunwunden zu. Das geplante Auswärtsspiel am Freitagabend bei der zweiten Herrenmannschaft von Holstein Kiel war zwar aus Sicherheitsbedenken angesichts der großen Rivalität beider Fanlager verschoben worden. Doch nach den vorangegangenen Tagen, die ebenso voll von Sicherheitsbedenken anderer Art waren, war den Lübeckern ein bisschen Ruhe willkommen. Schließlich drohte einige Tage die Insolvenz des schleswig-holsteinischen Traditionsvereins.

Am Dienstagabend schlug der Verein überraschend Alarm: Aufsichtsrat und Vorstand seien mit einer ernsten finanziellen Herausforderung konfrontiert, hieß es in einer Mitteilung. „Nach umfassenden Analysen der aktuellen Finanzlage in den letzten Wochen wurde eine erhebliche Liquiditätslücke identifiziert.“ Eine externe Revision hatte ergeben, dass die Etatlücke für die aktuelle Regionalliga-Saison nicht nur 300.000 Euro, sondern eine Million Euro groß ist.

„Sollte es nicht gelingen, diese Summe kurzfristig innerhalb der kommenden zwei Tage durch Sponsoring, Spenden und weitere Maßnahmen zu generieren“, so der Verein, müsse zum dritten Mal in der Geschichte des Vereins Insolvenz angemeldet werden. Der Termin beim Amtsgericht war für Donnerstag bereits abgemacht.

Eine-Millionen-Euro-Marke geknackt

Der muss nicht wahrgenommen werden. „Durch die Wucht der Spenden konnten wir den vorgesehenen Termin absagen“, sagt Vereinssprecher Lübeck am Freitag. Da hatte der Club bereits mehr als 600.000 Euro eingesammelt. Am Sonntag war die Eine-Millionen-Euro-Marke geknackt. Sponsoren hatten Geld hinzu geschossen, Gläubiger Verzichtserklärungen unterschrieben, Fans Spendenbüchsen gefüllt. Selbst aus dem Lübecker Amateurfußball erhielt der VfB Hilfe, so spendete etwa der Eichholzer SV seine am Wochenende eingenommenen Eintrittsgelder. „Wir sind wirklich überwältigt“, sagte Lübeck zur Unterstützung.

Sponsoren hatten Geld hinzu geschossen, Gläubiger Verzichtserklärungen unterschrieben, Fans Spendenbüchsen gefüllt.

Damit konnte die dritte Insolvenz in der Geschichte des Vereins abgewendet werden. Bereits 2008 und 2013 war der Klub zahlungsunfähig. Woran es dieses Mal lag, will der Verein noch nicht öffentlich machen. „Wir werden das im Nachgang transparent machen“, sagte Lübeck. „Da sind wir natürlich in der Bringschuld.“

Allerdings gab es in den vergangenen Monaten schon mehrfach vereinsinternen Streit in Finanzfragen: Die im Sommer abgelaufene Saison in der Dritten Liga bedeutete nicht nur einen sportlichen, sondern auch einen finanziellen Abstieg. Das Budget für die laufende Saison musste demnach massiv verringert werden. Sportlich hat sich das bislang auch schon bemerkbar gemacht: Aktuell dümpelt der VfB Lübeck im tristen Mittelfeld der Liga herum. Nun aber immerhin sicher vor Insolvenzängsten.

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