Gaddafis letzte große Bastion: Eine Schlacht in Zeitlupe

Gaddafis Heimatstadt Sirte ist eingekesselt. Aber ein Sieg ist noch nicht in Sicht. Die Einnahme der Stadt wäre ein wichtiges psychologisches Signal.

Gaddafis Heimatstadt Sirte wird unter Beschuss genommen. Bild: reuters

SIRTE rtr | Seit fast zwei Wochen kommen die neuen Machthaber in Libyen nicht wirklich voran beim Versuch, die Stadt Sirte an der zentrallibyschen Mittelmeerküste einzunehmen. Der Fall der luxuriös ausgebauten Heimatstadt des gestürzten Diktators Muammar al-Gaddafi wäre für das neue Regime strategisch und psychologisch wichtig und könnte die Kapitulation der anderen verbleibenden großen Gaddafi-Hochburg Bani Walid beschleunigen.

Aber die Kämpfer der einstigen libyschen Aufständischen sehen sich in Sirte einem eingekesselten Feind gegenüber, der nichts zu verlieren hat, der die Stadt gut kennt und der Zehntausende Zivilisten in seiner Gewalt hat. Die einstigen Rebellen haben nun die Wahl zwischen einer Abnutzungsschlacht, die das Kriegsende herausschiebt, und einem blutigen schnellen Sieg, der sie schlecht aussehen lässt.

Gaddafi-Kämpfer in Sirte haben bereits zwei Großoffensiven der Streitkräfte des Nationalen Übergangsrats zurückgeschlagen. Im Westen der Stadt wurden nach den Listen eines Feldlazaretts über 50 ehemalige Rebellenkämpfer getötet und über 460 verletzt, seit die Truppen aus Misurata westlich von Sirte am 15. September begannen, auf die Stadt vorzurücken.

Inzwischen sind auch aus dem Osten Truppen aus Bengasi an den Stadtrand herangerückt, aber ein Durchbruch ist nicht in Sicht.

Tausende von Menschen Sirtes sind seit Beginn der Kämpfe aus der 100.000 Einwohner zählenden Stadt geflohen. Sie beschreiben eine Stadt, in der Lebensmittel, Wasser, Strom, Benzin und andere Güter immer knapper werden.

Die Gaddafi-Truppen in Sirte sind der harte, erfahrenste Kern der ehemaligen libyschen Armee, darunter angeblich auch Gaddafis Sohn Mutassem, ein Armeeoffizier. Ihre Gegner sind demgegenüber wenig erfahren und oft schlecht ausgerüstet.

Der Nationalrat sagt, er nehme sich Zeit mit der Eroberung von Sirte, um die Zivilbevölkerung zu schonen. "Wir haben es nicht eilig", sagt Brigadekommandant El-Tohamy Abuzein an der Frontlinie. "Am wichtigsten ist es, ein Blutvergießen zu vermeiden."

Man wolle schwere Waffen nur gegen ausgewählte militärische Ziele einsetzen. Eine weitere Möglichkeit wäre eine Verhandlungslösung, eingefädelt von den Stammesführern.

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