GRÜNE WOLLEN ÖKO-ANBAU DURCH ÜBERZEUGUNGSARBEIT FÖRDERN: Freunde des Marktes
Mahlzeit! Zur Halbzeit dieser Legislaturperiode haben die Grünen ein Thema neu entdeckt: den Öko-Landbau. Bis 2005 soll dieser seine Anbaufläche vervierfachen und damit zehn Prozent der Ackerfläche in Deutschland einnehmen. Dafür gibt es künftig einen Aktionsplan, einen Beirat, einen Förderpreis, ein neues Forschungsinstitut und eine Kampagne für ein weithin unbekanntes Ökosiegel.
So ehrenwert und topgrün Absicht und Thema sind – das ist keine Herausforderung mehr, das ist Überforderung. Bisher sind weder Aktionsplan, noch Beirat, noch Kampagne vorhanden; Zeitpläne und Budget sind kaum definiert. Zudem wollen die Grünen nun auf einem Marktsegment agieren, das durch unterschiedlichste Interessen geprägt ist: Da ist der Handel, der meist lustlos Regale mit beliebigen Öko-Produkten füllt und das einheitliche Ökologische Prüfzeichen (ÖPZ) ignoriert; da sind die Konsumenten, die oft als Aldiisten nach Schnäppchen gieren, die (Öko-)Landwirte, die über die Kosten stöhnen, und ein Landwirtschaftsminister, der Vollwertkost für kaum genießbar hält. In den Vorzimmern der grünen AgrarpolitikerInnen tummeln sich die deutsche Pestizidindustrie, die Gentechniker, die Welthandelorganisation und die konventionellen Bauern, alle mit der festen Absicht, dem geschäftsschädigenden Ökolandbau bloß keine Chance zu geben.
Trotz dieses geballten Widerstands setzen die Grünen auf Freiwilligkeit. Sie wollen überzeugen, nicht erzwingen, und wenden sich gegen massive Markteingriffe wie etwa die gezielte Besteuerung von Pestiziden. Ein seltsames Argument angesichts eines Marktes, der wie kein anderer bereits durch Subventionen und Preiskämpfe verzerrt ist und der Bauer für Bauer in den Konkurs zwingt. Ein Aktionsplan zur Verbraucheraufklärung reicht nicht. Wenn der letzte deutsche Bauer aufgegeben hat, wird es zum Umlenken zu spät sein.
MAIKE RADEMAKER
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