G20 in Hamburg: Unmut vor dem Gipfel

Zur ersten Infoveranstaltung der Stadt Hamburg in der Messe kamen 700 AnwohnerInnen des Karoviertels und äußerten Kritik.

Gegen das, was Hamburg erwartet, war's hier idyllisch: G7-Treffen in Elmau vergangenes Jahr Foto: Karl-Josef-Hildenbrand/ dpa

HAMBURG taz | Es war auch ein kleiner Machtkampf – zwischen den AnwohnerInnen des Karoviertels, die ihren Unmut äußern wollten, und den StaatsrepräsentantInnen, die für die Akzeptanz der beiden Gipfel warben. Am 8. und 9. Dezember wollen sich die Außenminister von 57 Ländern in den Messehallen treffen – die Zusammenkunft gilt als Testlauf für das G20-Treffen, das im Juli 2017 am gleichen Ort stattfinden soll. Rund 700 Leute waren am Donnerstag Abend zur ersten öffentlichen Infoveranstaltung der Stadt in die Messehallen gekommen.

Der Staatsrat der Senatskanzlei , Wolfgang Schmidt, hatte es nicht leicht, als er anfing, das Konzept für den OSZE-Gipfel vorzustellen. Bereits nach 15 Minuten musste die Veranstaltung zum ersten Mal unterbrochen werden. Zwischenrufe wie „Hört auf!“, „Wir wollen euch nicht“, „Wir haben kein Bock auf 9.000 Bullen“ und „Demokratur!“ unterbrachen den Redner, der zunächst Grüße von Außenminister Frank-Walter Steinmeier bestellte und ausrichtete, dass Zusammenkünfte wie die Gipfel sehr wichtig seien, weil es um das Miteinander gehe.

Ein Aktivist mit einem „Kein G20“-Schild setzte sich neben Schmidt auf die Bühne und blieb dort. Schmidt sagte, er habe alle Zeit der Welt, und man könne die Veranstaltung auch auf den ganzen Abend ausdehnen, wenn er nicht zu Wort käme. Begleitet von Zwischenrufen machten die VeranstalterInnen schließlich weiter.

„Das OSZE-Treffen ist mehr als ein Gipfel“, sagte die Leiterin des OSZE-und-G20-Stabs der Senatskanzlei, Irina Soeffky. Es gehe um eine kontinuierliche Zusammenarbeit. Ein Zuschauer rief: „Wir haben gegen Olympia gestimmt – und deswegen jetzt die Scheiße hier, oder was?!“ „Sagt es ab!“, forderte eine andere. Die Moderatorin stellte klar, dass eine Absage des Gipfels keine Option sei. Soeffky räumte ein, dass Hamburg sich zwar nie um die Gastgeberschaft beworben habe. Aber die Bundeskanzlerin habe Hamburg gebeten, die Gipfel auszurichten, weil sie die Stadt als kosmopolitischen Ort kenne.

OSZE steht für Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit. Die Außenminister von 57 Ländern der Nordhalbkugel und Australiens treffen sich dazu jährlich.

G20 steht für die 20 „wichtigsten“ Industrie und Schwellenländer, deren Staatsoberhäupter sich ebenfalls jährlich treffen.

Beide Treffen finden beim nächsten Mal in den Hamburger Messehallen statt.

AnwohnerInnen sind besorgt, dass ihr Wohngebiet zur Hochsicherheitszone wird.

Die Innenbehörde signalisiert: Alles halb so wild. Niemand hat also die Absicht, eine Mauer ums Karoviertel zu errichten.

Während das Publikum pöbelte, versuchten die VeranstalterInnen, die Dimension der Gipfel zu relativieren: An einem normalen Sommertag kämen schließlich auch 280.000 Touristen in die Stadt, sagte Soeffky. Schmidt erklärte, die Messehallen seien eben der einzige Ort in Hamburg, der für die Treffen infrage komme. Jemand im Publikum rief, man könne doch Baumärkte am Stadtrand benutzen.

Eine der größten Sorgen der Gipfel-KritikerInnen ist, dass die Umgebung zur Hochsicherheitszone werden könnte, in der Grundrechte ausgehebelt werden. Zum Sicherheitskonzept des G20-Treffens konnte der Staatsrat der Innenbehörde, Bernd Krösser, noch nichts sagen – dafür müsse man erst den OSZE-Gipfel abwarten. Das Ziel sei es, im Dezember, das normale Leben im Karoviertel aufrechtzuerhalten.

Eine innere Sicherheitszone umfasse nur die Messehallen, in der äußeren Sicherheitszone zwischen Verbindungsbahn, Flora-Neumann-Straße und Schröderstift befinde sich nur ein einziges Wohnhaus. Dessen BewohnerInnen sollten ihren Personalausweis bei sich tragen – anderenfalls würde ein freundlicher Polizist sie zur Haustür begleiten. Aber Krösser stellte klar, es könnte zu weiteren Einschränkungen kommen, sollten es Störungen geben.

In Form eines Interviews beantwortete der Leiter des Bezirksamts Mitte, Falko Droßmann, Fragen, die die VeranstalterInnen, wie sie sagten, im Vorfeld von AnwohnerInnen gesammelt hatten. „Kann man Pizza in die Sicherheitszone bestellen?“, lautete eine davon. „Kein Problem“, antwortete Droßmann. Die Absperrung werde kein Stacheldrahtzaun sein, sondern aus den „ganz normalen“ Hamburger Gittern bestehen. Übergänge seien also möglich.

Nach einer Stunde durften die ZuschauerInnen Fragen am Mikrofon stellen. Wie der Senat denke, die BürgerInnen vor den Sicherheitsdiensten zu schützen, die etwa der türkische Präsident Recep Erdoğan mitbringe, fragte einer. Ein anderer, ob dann endlich die Kennzeichnungspflicht für PolizistInnen käme. Krösser sagte, ihm seien nur sehr wenig Fälle bekannt, in denen Polizisten nach Übergriffen nicht ermittelt werden konnten. Die Gunst des Publikums gewann er dadurch nicht

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