piwik no script img

G-8-Treffen in Camp DavidGipfel der Weltheiler

Die Oberhäupter der wichtigsten Industriestaaten treffen sich mal wieder. Während Obama die Proteste geschickt ins Leere laufen lässt, sorgt Putin für einen Affront.

Bleibt zu Hause und schickt stattdessen seinen Premier Medwedjew in die USA zum Plausch der Mächtigen: Wladimir Putin. Bild: dpa

WASHINGTON taz | „Die Welt heilen“. So lautet der Slogan, unter dem die nationale Krankenschwesternvereinigung und mehr als 100 andere Gewerkschaften und Gruppen aus der Occupy-Bewegung am Freitagmittag durch Chicago ziehen werden. Eigentlich sollte die seit Monaten geplante Demonstration gegen Austeritätsprogramme und Kriegspolitik den Beginn des G-8-Gipfels begleiten.

Und zugleich der Auftakt für die Proteste gegen den gleich anschließenden Nato-Gipfel sein. Doch Barack Obama durchkreuzte diese Pläne. Statt in seiner Heimatstadt empfängt er die internationalen Gäste der G-8-Staaten Kanada, Russland, Japan, Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien am Freitag mitten im Wald auf der Landresidenz Camp David in Maryland.

Fernab von DemonstrantInnen, JournalistInnen und jeder anderen Öffentlichkeit will er in den – zu Lande und in der Luft – abgesperrten Catoctin Mountains über die Krise in der Eurozone, über Austerität und Wachstum und über die Welthungerkrise reden.

In aller Eile haben mehrere globalisierungskritische Gruppen in Washington, Baltimore und in dem Camp David nächstgelegenen Örtchen Thurmont zu Gegenveranstaltungen aufgerufen. Sie werden kleiner sein als alles, was in Chicago möglich gewesen wäre.

Putin schickt Premierminister

Erstmals in der Geschichte der G-8-Treffen hat einer der geladenen Staats-oberhäupter dem Gastgeber einen Korb gegeben. Der neu wiedergewählte Wladimir Putin schickt seinen Premierminister in den Wald. Für Obama ist Putins Absage ein Affront. Offiziell muss sich der russische Präsident auf seine Regierungsbildung konzentrieren.

Die US-Spitze hatte versucht, die Gipfel-Verlegung damit zu begründen, der Standort im Wald sei angenehmer für Putin. Denn in Chicago wäre er als einziger G-8-Staatschef von dem anschließenden Nato-Treffen ausgeschlossen gewesen. Unklar ist, wie viel Handlungsspielraum der Ersatzmann Medwedjew beim G-8-Gipfel haben wird, insbesondere bei der Erörterung der Lage im Iran und in Syrien.

Nach Putins Absage kann sich Obama ganz auf François Hollande konzentrieren. Schon vor dem G-8-Treffen wird er den neuen sozialistischen Staatspräsidenten am Freitagvormittag im Weißen Haus empfangen. Die beiden Präsidenten kennen sich bislang nicht. Allerdings machten Emissäre aus Washington in Paris bereits klar, dass die US-Spitze über zwei Vorhaben Hollandes nicht glücklich ist: Frankreich will seine Soldaten bis zum Jahresende aus Afghanistan abziehen – zwei Jahre früher als bislang von der Allianz geplant.

Damit würde Frankreich die Regel „Gemeinsam rein, gemeinsam raus“ brechen. Die US-Spitze spricht von allen möglichen technischen, finanziellen und politischen Problemen, die dagegen sprächen. Außerdem ist Washington gegen die Idee Hollandes, den europäischen Fiskalpakt zu verändern.

Eurokrise ist zentrales Thema

Die Eurokrise wird das Treffen in Camp David beherrschen. „Wir schreiben Europa keine Aktionen vor“, sagte Obamas Sprecher Jay Carney im Weißen Haus, „aber wir sind für ein ausgeglichenes Vorgehen, das sowohl Austerität als auch einen vernünftigen Umgang mit den finanzpolitischen Herausforderungen beinhaltet. Und das für Wirtschaftswachstum sorgt.“

Als Zaungäste sind neben den Repräsentanten der EU auch mehrere afrikanische Staats- und Regierungschefs nach Camp David geladen. Sie repräsentieren Ghana, Benin, Äthiopien, Tansania und die Afrikanische Union. Mit ihnen wollen die G-8 Länder besprechen, welche Erfolge ihre Initiative vom G-8-Gipfel in Aquila im Jahr 2009 gezeigt hat, den ersten in Obamas Amtszeit.

Damals hatte man sich auf ein Finanzpaket von 22 Milliarden Dollar geeinigt, um den Hunger in der Welt zu heilen. Drei Jahre danach geht eine Milliarde Menschen hungrig schlafen. Nur ein kleiner Teil der Geldmenge ist bislang zum Einsatz gekommen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • K
    Korrekteur

    "Denn in Chicago wäre er als einziger G-8-Staatschef von dem anschließenden Nato-Treffen ausgeschlossen gewesen."

     

    Seit wann ist Japan denn in der NATO???