Fußballer und das türkische Militär: Betont lässiger DFB

Nachdem die Nationalspieler Ilkay Gündoğan und Emre Can in die Kritik geraten sind, versucht der Verband alles, um die Debatte zu entpolitisieren.

Ilkay Gündoğan beim Training mit der Nationalelf Foto: dpa

Es war ein bemerkenswertes Foto, das die deutsche Fußballnationalmannschaft da über Twitter verbreitet hat. Es zeigt die deutsche Fußballnationalmannschaft und ihre Betreuer, wie sie betont lässig für ein Gruppenfoto posieren. Der Text zum Bild lieferte eine klare Botschaft: “Gemeinsam für Offenheit, Vielfalt und Toleranz. Gegen jede Form von Gewalt und Diskriminierung.“ Und noch eine Botschaft wurde geliefert. Manuel Neuer legt seine Arme um seine Teamkameraden Emre Can und Ilkay Gündoğan.

Letztere waren auffällig geworden, nachdem sie einen Instagram-Post mit einem Herzchen versehen hatten, auf dem zu sehen ist, wie Spieler der türkischen Nationalmannschaft im EM-Qualifikationsspiel gegen Albanien nach einem Tor mit militärischem Gruß gefeiert haben. Gepostet hatte das Foto der Torschütze Cenk Tosun. Der Text dazu liest sich, als hätte ihn ein Propaganda-Offizier der türkischen Armee verfasst, die gerade dabei ist, in Nordsyrien gegen die Kurden zu kämpfen, die zuvor die Herrschaft des IS im Land beendet hatten: „Für unsere Nation, vor allem für jene, die für unser Land ihr Leben riskieren.“

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Der Post machte in den sozialen Medien schnell Karriere, und wer auf Twitter nach Can oder Gündoğan suchte, landete bald bei den unappetitlichsten Beschimpfungen, wobei das Wort “Muslimpack“ noch das harmloseste war. Mit der gewiss berechtigten Kritik am Einmarsch türkischer Truppen in die Kurdengebiete Syriens hatten diese Hasspostings nichts zu tun. Der DFB versuchte nun alles, um der längst laufenden Diskussion und dem offen zutage tretenden Hass möglichst schnell zu begegnen.

Die Likes der Spieler verschwanden. Bundestrainer Joachim Löw versicherte nach dem 3:0-Erfolg der DFB-Elf im EM-Qualifikationsspiel in Estland, dass die beiden Spieler „gegen Terror, gegen Krieg“ sind. Ilkay Gündoğan selbst erklärte: „Dahinter war natürlich keine politische Absicht. Emre und ich sind beide konsequent gegen jeglichen Terror und jeglichen Krieg. Egal wo er stattfindet.“

Versuch der Entpolitisierung

Der DFB und seine beiden Spieler versuchten alles, um die Debatte um Gündoğan und Can zu entpolitisieren. Zudem soll wohl der Eindruck vermittelt werden, dass man bekennende Kriegsbefürworter nicht in der Mannschaft haben möchte. Um solche gibt es im Profi-Fußball heftige Diskussionen. Cenk Şahin vom Zweitligisten FC St. Pauli steht vor dem Rauswurf, nachdem er einen den Krieg verherrlichenden Post geteilt hatte, was er trotz massiver Fanproteste nicht zurückgenommen hat. Und beim AS Rom steht Cengiz Ünder massiv in der Kritik, nachdem er ein Bild gepostet hatte, das zeigt, wie er im Trikot des italienischen Erstligisten für die Truppe salutiert hatte.

Die Herzchen, die Can und Gündoğan verteilt haben, für unpolitisch zu erklären, scheint die einzige Möglichkeit zu sein, eine Diskussion über die Haltung der Spieler zum türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Ergoğan und dessen Krieg zu verhindern. Beide haben im Frühstadium ihrer Karriere mit Cenk Tosun, der das Foto aus dem Albanien-Spiel gepostet hatte, einst zusammengespielt und können mit einiger Berechtigung sagen, dass sie sich einfach für ihren ehemaligen Kollegen, den Schützen des entscheidenden Treffers, gefreut haben.

Doch das reicht nicht. Der DFB inszeniert sie im Teamkreis beinahe schon als Friedensengel. Damit wird das Bild zu einer Antwort auf ein Foto, das die türkische Nationalmannschaft nach dem Albanienspiel aus der Kabine gepostet hat. Da zeigen alle Spieler und Betreuer den militärischen Gruß. Der lässig posierende DFB-Tross ist da durchaus ein bemerkenswerter Gegenentwurf zum martialischen Auftreten der türkischen Mannschaft.

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