Funkhaus Europa: Reform beschlossen
Der WDR-Rundfunkrat genehmigt den Umbau von Funkhaus Europa. Künftig gibt es eine Sendung für Flüchtlinge. Einiges wird gekürzt.
Die öffentlich-rechtlichen Sender klagen ausgiebig über den Hass, der ihnen aus rechten und verschwörerischen Kreisen entgegen schlägt und sich oft in dem Ausruf „Lügenpresse“ äußert. Es gibt aber auch Menschen, die das öffentlich-rechtliche System kritisieren, weil sie zu dessen allergrößten Anhängern gehören. Weil ihnen der Kernauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mehr bedeutet als vielen jener Männer und Frauen, die an der Spitze der Sender stehen.
Rund 26.000 dieser solidarischen Kritiker haben am Montagabend eine Niederlage hinnehmen müssen: Der Rundfunkrat des WDR hat der Reform des Programms Funkhaus Europa zugestimmt, die am 1. Juli wirksam werden soll. Funkhaus Europa ist ein internationales und interkulturelle Radioprogramm, für das der WDR, Radio Bremen und der RBB Beiträge liefern. Die Rundfunkräte der beiden anderen beteiligten Sender müssen ebenfalls noch ihren Segen geben, aber das ist Formsache.
Vor der Abstimmung am Montag hatten 24.300 Unterzeichner einer Petition gegen die Verflachung des Musikprogramms von Funkhaus Europa protestiert, die die WDR-Hierarchen umsetzen wollen. In einer weiteren Petition haben sich bisher 1480 Menschen dafür ausgesprochen, das türkische Magazin „Köln Radyosu“ in der bisherigen Form beizubehalten.
Als eine der Begründungen für die Reform nannte Thomas Reinke, der Programmchef von Funkhaus Europa, kürzlich in einem im Intranet des WDR veröffentlichten und als „Faktencheck“ kategorisierten Beitrag, dass Funkhaus Europa „wie alle Programme des WDR und die anderen Hörfunkwellen“ sparen müsse“. Denn: „Im Vergleich zu 2014 stehen 2016 rund 900.000 Euro pro Jahr weniger zur Verfügung“.
Als hätte der WDR den Frieden erfunden
Was der WDR nach der Abstimmung am Montag nun offiziell mitteilt, klingt, als habe man in Köln gerade den Frieden und der Eierkuchen neu erfunden: „Herzstück der Reform ist die Erweiterung des muttersprachlichen Angebots montags bis freitags um eine 30-Minuten-Sendung für Flüchtlinge aus dem arabischen Raum.“ Gleichzeitig wird aber das türkischsprachige Angebot von acht auf zweieinhalb Stunden gekürzt – „und das in einer Zeit, in der Medienangebote aus der Türkei wegen der fehlenden Pressefreiheit überhaupt keine Alternative darstellen“, wie es in der Pro-Köln-Radyosu-Petition heißt.
Von den „knapper werdenden Ressourcen“ betroffen sei „vor allem unsere türkische Sendung, die bisher – anders als die restlichen täglichen Formate – auch samstags und sonntags stattfindet. „Das können wir uns schlicht nicht mehr leisten“, schreibt Programmchef Reinke im „Faktencheck“. Deshalb gebe es für die türkischen Formate künftig ebenso viel Sendezeit wie für „Italiener, Südosteuropäer, Russen und Polen“. Zynisch formuliert: Der WDR setzt die Gleichberechtigung für Türken um.
Was das Musikprogramm angeht, bedeuten die vom WDR-Rundfunkrat verabschiedeten Reformen die Abschaffung des Qualitäts-Musikjournalismus. Die Musikredaktion von Funkhaus Europa büßt 31 Stunden ein, weil Autoren-Sendungen wie „Globalista“, und „Soulfood“ eingestellt werden, auch „World Wide“, präsentiert von der britischen DJ-Ikone Gilles Peterson, und die Show des Berliner Produzenten- und DJ-Kollektivs Jazzanova entfallen. Durch andere Maßnahmen gewinnt sie zwar 13 hinzu. Aber dass sich „die bisherige Musikfarbe nicht ändert“, wie WDR-Hörfunkdirektorin Valerie Weber verkündet, glaubt ernsthaft niemand.
Der Kölner Stadt-Anzeiger schrieb am Montagabend nach der Sitzung, auch aufgrund der breiten öffentlichen Debatte hätten einige Rundfunkratsmitglieder den Wunsch geäußert, „weiter zu beraten“. Dazu sei es aber nicht gekommen – unter anderem, „weil Intendant Buhrow und Direktorin Weber Druck machten“. So lange sich Rundfunkräte, die, zumindest in der Theorie, die Buhrows und Webers kontrollieren, derartigem Druck beugen, hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein Problem.
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