Fünfter Integrationsgipfel in Berlin: Kaffee statt Qualität
Beim fünften Berliner Integrationsgipfel ging es um Sprachförderung und um mehr Migranten im öffentlichen Dienst. Der Opposition ist das viel zu wenig.
BERLIN taz | Es blieb Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht überlassen, an die rassistische Mordserie der Rechtsterroristen aus ihrem Bundesland zu erinnern. In diesem Zusammenhang plädierte sie für mehr Toleranz und eine "Willkommenskultur". Ansonsten spielte das Thema, das viele Migranten in den letzten Wochen stark bewegt hatte, zum Abschluss des fünften Integrationsgipfel keine Rolle.
Auf Einladung von Bundeskanzlerin Angela Merkel kamen am Dienstag rund 120 Gäste zusammen – Vertreter der Bundesregierung, der Länder und Gemeinden, des Sports, der Migrantenverbände sowie der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, um über eine bessere Integration zu beraten.
Zentrale Themen des Treffens waren diesmal die Sprachförderung und das bürgerschaftliche Engagement von Migranten sowie eine stärkere Einbindung von Einwanderern im öffentlichen Dienst und den Medien.
Dazu wurde ein "Nationaler Aktionsplan" verabschiedet, der konkrete Integrationsziele vorgeben und diese überprüfbar und messbar machen soll. Er wurde von der Bundesregierung zusammen mit den Ländern, Kommunen und Migranten-Organisationen entwickelt.
Der erste Integrationsgipfel fand am 14. Juli 2006 statt. Parallel dazu wurde die erste Islamkonferenz ins Leben gerufen, die am 27. September zusammentrat.
Der zweite Integrationsgipfel tagte am 12. Juli 2007 in Berlin. Dabei wurde ein "Nationaler Integrationsplan" verabschiedet, der mehr als 400 Selbstverpflichtungen enthielt.
Den dritten Integrationsgipfel gab's am 6. November 2008. Eine "Zwischenbilanz" wurde gezogen.
Beim vierten Gipfel im November 2010 wurde vereinbart, einen "Nationalen Aktionsplan" zu erarbeiten, der diesmal klare Ziele der Bildung, bei Deutschkenntnissen und im Arbeitsmarkt nennt.
Der fünfte Gipfel im Januar 2012 verabschiedete den Aktionsplan. Er soll Integration messbarer und verbindlicher machen. (bax)
Als "echten Qualitätsschub" hatte Regierungssprecher Steffen Seibert den Plan vorab angepriesen, weil er die Integrationspolitik "verbindlicher" machen werde.
Vor allem den Anteil von Migranten im öffentlichen Dienst will die Bundesregierung verbessern – damit "sich die Vielfalt unseres Landes auch in den Institutionen widerspiegelt", wie es Angela Merkel bei der Pressekonferenz nach dem Gipfel formulierte.
Das Bundesinnenministerium kündigte dazu eigene Initiativen an. Mit der neuen Internetseite www.wir-sind-bund.de will Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) insbesondere bei Jugendlichen das Interesse am öffentlichen Dienst wecken.
Merkel gegen Quote
Eine "Migrantenquote" lehnt die Bundesregierung aber ab, das machte Angela Merkel im Anschluss an den Integrationsgipfel vor Journalisten deutlich. Am Freitag will Friedrich überdies eine bundesweite Kampagne starten, um Eltern mit Migrationshintergrund zur Teilnahme an Integrationskursen zu motivieren.
Massive Kritik kam von der Opposition. Der integrationspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Memet Kilic, sprach von einem "symbolischen Kaffeekränzchen".
Er verlangte, die Hürden für Einbürgerungen zu senken und das Kommunalwahlrecht auf Nicht-EU-Bürger auszuweiten. Als "völlig unverbindlich" bezeichnet auch die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Aydan Özoguz den "Nationalen Aktionsplan".
Es seien keinerlei gesetzgeberische Maßnahmen zur Integration vorgesehen. Dadurch drohe der Gipfel ins Leere zu laufen. "Es wird das Signal gegeben, dass Politik am Ende dann doch völlig unverbindlich ist", kritisierte sie.
Aktionsplan gefordert
Die Linken-Vorstandsmitglieder Ali Al Dailami und Katina Schubert forderten überdies einen "Aktionsplan gegen Rassismus". Das hatten auch 30 Verbände, vom DGB bis zu Wohlfahrtsverbänden, am Montag in einer gemeinsamen Erklärung verlangt.
Auch Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht hatte kurz vor dem Gipfel noch gefordert, die Anstrengungen gegen Rassismus und Rechtsextremismus zu verstärken.
"Wir brauchen mehr Einsatz gegen Rassismus - im familiären Umfeld, in Bildungseinrichtungen, in Sportvereinen oder freiwilligen Feuerwehren", sagte sie der Agentur dpa. Doch davon war nach Ende des Berliner Gipfels keine Rede mehr.
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