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Fünffacher Deutscher MeisterRollstuhl-Basketballer Jan Haller wird Nationaltrainer

Niedersachsens Behindertensportverband hat Jan Haller zu seinem Sportler des Jahres gekürt. Er beendet seine aktive Karriere und wird Bundestrainer.

Hat schon wieder was zu feiern: Kapitän Jan Haller, hier bei den Paralympics 2024 Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Hamburg taz | Als Jan Haller die Auszeichnung entgegennahm, war er sichtlich gerührt: „Damit hätte ich wirklich nicht gerechnet“, sagte der Rollstuhlbasketballer im goldenen Konfettiregen. Neben Haller, diesmal im dunklen Anzug statt im Trikot, hatten fünf weitere Nominierte zur Wahl gestanden als Niedersachsens Be­hin­der­ten­sport­le­r*in des Jahres. „Ein Leader, ein Kämpfer und ein absoluter Teamsportler“, so kündigte Laudatorin und Volleyballspielerin Laura Ludwig Haller am vergangenen Donnerstag an.

In seiner Karriere hat der gelernte Bürokaufmann, der ein Fernstudium in Sportmanagement absolvierte, zahlreiche Erfolge erzielt: Im vergangenen Jahr holte er mit der deutschen Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft bei den Paralympics in Paris die Bronzemedaille. Schon in den Jahren zuvor nahm die Mannschaft an den Paralympics in London, Rio und Tokio teil, kam allerdings nicht über den 6. Platz hinaus.

Mit der Nationalmannschaft nahm Haller, der eine Fehlbildung der Wirbelsäule hat, sieben Mal an Europameisterschaften und drei mal an Weltmeisterschaften teil. Über 300 Spiele absolvierte er und blickt damit auf eine über 14-jährige Karriere als Nationalspieler zurück. Ab 2018 spielte der Rollstuhlbasketballer für den Erstligisten Hannover United. Auf Vereinsebene wurde Haller fünfmal Deutscher Meister und sechsmal Deutscher Pokalsieger, gewann die Champions League und erzielte weitere Erfolge auf europäischer Ebene.

Diese Ära geht nun zu Ende: Nach dem Ende seiner aktiven Spielerkarriere übernimmt der 36-Jährige im Juni die Position des Bundestrainers der deutschen Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft. So war die jüngste Preisverleihung eine Würdigung seiner sportlichen Vergangenheit und zugleich Motivation für seine berufliche Zukunft.

Vorbild Dirk Nowitzki

Haller, der seit 2022 den Trainerschein, aber keine Trainererfahrung besitzt, sagte dem Rollt-Magazin: „Wahrscheinlich wird dieser Rollenwechsel der größte Spagat für das Team und für mich. Ich finde aber, dass es kein Nachteil ist, dass ich die Jungs in- und auswendig kenne. Wir haben viele Gespräche geführt und wollen den eingeschlagenen Weg und die entwickelte Spiel­idee fortsetzen.“

In Barsinghausen in der Region Hannover aufgewachsen, zog Haller als Zwölfjähriger mit seiner Mutter nach Bonn. Basketball-Legende Dirk Nowitzki beim Länderspiel Deutschland–Türkei live spielen zu sehen, weckte seine Leidenschaft für Rollstuhlbasketball. Haller spielte einige Jahre lang beim ASV Bonn und sein Talent stellte sich schnell heraus: Bereits mit 18 Jahren gab er sein Debüt in der deutschen Nationalmannschaft.

Nach mehr als zehn erfolgreichen Jahren auf dem Spielfeld steht nun der Wechsel auf die Trainerbank an. Neben Aufregung und Vorfreude spürt Haller auch mehr Druck und Verantwortung auf sich zukommen. „Es ist definitiv die größte Herausforderung in meiner sportlichen Karriere, die da auf mich wartet“, verriet er in einem Interview. „Aber auf die freue ich mich total.“ Die fehlende Erfahrung als Coach will er mit seinem Spielerwissen ausgleichen. Außerdem stehen ihm zwei Co-Trainer zur Seite. „Ich glaube, dass ich in diese Position reinwachsen kann.“

Seit inzwischen 25 Jahren werden Sport­le­r*in­nen vom Behinderten-Sportverband Niedersachsen ausgezeichnet. „Ihr zeigt uns, dass Grenzen oft nur in unseren Köpfen existieren“, sagte Laudatorin Ludwig vergangenen Donnerstag zu den Nominierten, „und dass mit Mut und Entschlossenheit fast alles möglich ist.“

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