Führungsposten bei Solarfirma: Claassen schmeisst Job hin
Nach nur drei Monaten ist Solar Millennium seinen Vostandschef Utz Claassen wieder los. Vermutet wird, dass der Exatommanager nicht zur Start-up-Struktur der Firma passte.
FREIBURG taz | Es war ein kurzes Gastspiel: Der ehemalige EnBW-Manager Utz Claassen schmeißt nach nur drei Monaten seinen Job als Vorstandschef der Solar Millennium AG hin. Der Weggang komme auch für den Aufsichtsrat unerwartet, teilte das Unternehmen in der Nacht zum Dienstag mit. Allerdings hatte sich Claassen nach Unternehmensangaben das Recht bei Vertragsabschluss einräumen lassen, dass er "innerhalb einer definierten Überlegungsfrist" sein Amt niederlegen darf. Finanzvorstand Thomas Mayer sagte am Dienstag, er wolle "keine Mutmaßungen über die Beweggründe" anstellen.
Möglicherweise hängt der Rückzug des schillernden Managers damit zusammen, dass Solar Millennium wiederholt Bilanztrickserei vorgeworfen wurde - was das Unternehmen jedoch immer wieder bestritt. Die Wirtschaftswoche hatte berichtet, Solar Millennium habe wiederholt Erlöse über Verkäufe an verbundene Unternehmen generiert. Damit sei Anlegern der Eindruck vermittelt worden, das Geschäft laufe gut, obwohl die Umsätze teilweise nur innerhalb des Konzerngeflechts erzielt wurden.
Andere vermuten, dass Claassen, der von 2003 bis 2007 den Energieriesen EnBW leitete, nicht zu dem Betrieb passte, der eher über die Struktur eines Start-up-Unternehmens denn eines Konzerns verfügt. Seine energiepolitische Positionierung hingegen hatte Claassen, der sich selbst als "ausgewiesenen Freund der Kernenergie" bezeichnet, nie als hinderlich für einen Job in der Solarbranche angesehen.
Solar Millennium ist vor allem auf solarthermische Kraftwerke spezialisiert, insbesondere auf Parabolrinnen-Kraftwerke. Vor allem in Spanien ist das Erlangener Unternehmen tätig.
Für das vergangene Geschäftsjahr gab Solar Millennium einen Umsatz von 201,3 Millionen Euro an. In diesem Jahr soll er auf 350 Millionen steigen. Die Turbulenzen an der Spitze hinterließen am Dienstag auch an der Börse ihre Spuren: Die Aktie brach zeitweise um mehr als ein Drittel ein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern