Frühjahrsputz bei der Howoge: Geschäftsführer wegen Bauaffäre gefeuert
Der Finanzsenator greift durch: Die Chefs der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Howoge müssen gehen. Wowereit und die SPD-Fraktion legen auch dem Abgeordneten Hillenberg Konsequenzen nahe.
Neue Besen kehren besser - auch wenn es um den SPD-Filz geht. Auf Druck von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) soll der Aufsichtsrat der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Howoge die beiden Geschäftsführer Hans-Jürgen Adam und Bernd Kirschner ablösen. Damit zog der Senator am Dienstag die Konsequenz aus einem Zwischenbericht, in dem die Vergabepraxis der Howoge in den vergangenen fünf Jahren durchleuchtet wurde. Dem Bericht zufolge hätten die Geschäftsführer der Howoge mindestens zweimal zugunsten einer Direktvergabe von Planungsleistungen an den Bauingenieur und SPD-Abgeordneten Ralf Hillenberg auf eine Ausschreibung verzichtet. Außerdem seien in vier von neun geprüften Fällen Aufträge gestückelt worden, um eine Ausschreibung zu vermeiden.
Bereits am Vormittag hatte der Senat über den Zwischenbericht beraten. "Es ist keine Vertrauensbasis mehr für eine Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung vorhanden", sagte Nußbaum anschließend vor der Presse. Deshalb habe der Senat als Gesellschafter der Howoge den Aufsichtsrat aufgefordert, die nötigen Konsequenzen zu ziehen. Ob die beiden Exchefs ihre Bezüge weiter erhalten, ließ Nußbaum offen: "Über arbeitsrechtliche Details kann ich im Moment nichts sagen."
Kurz vor der SPD-Klausur zur Wohnungspolitik kündigt die landeseigene Howoge im Januar an, die Mieten in Buch zu verdoppeln.
Am 29. Januar räumt der SPD-Abgeordnete und Bauingenieur Ralf Hillenberg ein, dass er einen Planungsauftrag in Buch ohne Wettbewerb bekommen habe.
Am 3. Februar beschließt der Aufsichtsrat der Howoge eine Sonderprüfung der Vergabepraxis der vergangenen fünf Jahre.
10. Februar: Finanzstaatssekretär Sundermann erklärt, in den Howoge-Aufsichtsrat zu gehen.
Am 15. Februar berichtet die taz, dass sich Hillenberg im Parlament für die Howoge eingesetzt hatte, damit diese in Pankow eine Turnhalle bauen könne.
Zwei Tage später verlässt Hillenberg den Bauausschuss, bleibt aber im Parlament.
Deutliche Worte fand auch der Regierende Bürgermeister. "Nach dem vorliegenden Ergebnis war sofortiges Handeln geboten", sagte Klaus Wowereit nach der Senatssitzung. Ein solches Handeln legte er auch dem SPD-Abgeordneten Ralf Hillenberg nahe. Dieser müsse "dringend überlegen, welche Konsequenzen zu ziehen sind".
Bislang hatte Hillenberg lediglich den stellvertretenden Vorsitz im Bauausschuss des Abgeordnetenhauses niedergelegt, sein Mandat aber behalten. Die Affäre um die Vergabepraxis war ans Licht gekommen, nachdem Hillenberg gegenüber der taz eingeräumt hatte, Aufträge von der Howoge ohne Ausschreibung bekommen zu haben.
Wowereits Aufforderung an Hillenberg, das Abgeordnetenhausmandat niederzulegen, ist auch eine Abkehr von der bisherigen Hinhaltetaktik der SPD-Fraktion. Obwohl Hillenberg in der vergangenen Woche die Vorwürfe gegen sich erneut eingeräumt hatte, hatte sich SPD-Fraktions- und Landeschef Michael Müller weiter in Schweigen geübt. An seiner statt hatte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Christian Gaebler, versucht, den Fall Hillenberg herunterzuspielen. Man erlebe gleich ein "buntes Feuerwerk der Skandalisierung", sagte er zum Beginn der Abgeordnetenhaussitzung am vergangenen Donnerstag. Die Kritik der Opposition bezeichnete er als "persönliche Diffamierung, Schaulaufen und Klamauk".
Während die Linkspartei den Senat für die Ablösung der Howoge-Chefs lobte, wiederholte die Opposition am Dienstag ihre Forderung nach Konsequenzen auch für Ralf Hillenberg. "Die SPD-Fraktion muss sich entscheiden, ob Hillenberg für sie noch tragbar ist", sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Ramona Pop. Auch CDU-Fraktionsgeschäftsführer Florian Graf und FDP-Fraktionschef Christoph Meyer verlangten von der SPD, Hillenberg notfalls aus der Fraktion auszuschließen.
Auf einer rund zweieinhalbstündigen Sitzung beriet der Fraktionsvorstand der SPD am Dienstagnachmittag den Fall Hillenberg. "Auf der Grundlage des Prüfberichts gehen wir nun davon aus, dass Ralf Hillenberg Konsequenzen zieht", sagte Christian Gaebler im Anschluss an die Sitzung der taz. Fraktionschef Müller stehe mit Hillenberg, der nicht an der Sitzung teilnahm, im Gespräch. "Sollte Hillenberg keine Konsequenzen ziehen", so Gaebler, "müssen wir uns erneut mit dem Thema beschäftigen." Einen Ausschluss Hillenbergs aus der SPD-Fraktion wollte Gaebler nicht mehr ausschließen.
Sollte Hillenberg die SPD-Fraktion verlassen, sein Mandat aber behalten, hätte Rot-Rot im Abgeordnetenhaus nur noch eine Mehrheit von einer Stimme.
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