: Frostige Erfahrungen
■ Die andere Seite des Eises: Wissenschaftler vom Alfred-Wegener-Institut erzählen von Expeditionen an die Pole / Einblicke in ein unzugängliches Stück Erde
Eisbären, Pinguine und vor allem ganz viel Eis – das sind die ersten Assoziationen, wenn das Wort „Pol“ fällt. Manche Menschen denken vielleicht auch an „Polschmelze“. Die Forscher des Bremerhavener Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung verbinden mit den Polen ganz persönliche Erfahrungen: Lange Winter in den Forschungsstationen, Stürme auf hoher See, Fahrten durch meterhohe Eisschollen.
An diesen Erfahrungen wollen die über 50 Autoren des jetzt erschienenen Buchs „Eiskalte Entdeckungen – Forschungsreisen zwischen Nord- und Südpol“ den Leser teilhaben lassen und ihm dabei gleichzeitig umfangreiches Wissen über das Erdsystem, die Antarktis, die Nordsee und die Arktis – und natürlich das Alfred-Wegener-Institut näher bringen. Der Schwerpunkt des Buches liegt auf Erlebnisberichten von denen, die da waren. Sie erzählen lebendig und begeistert von langen und beschwerlichen Fußmärschen über Eisschollen, dem Lebensalltag in einer Forschungsstation im ewigen Eis, Schiff-Fahrten durch Nebel und Stürme. Dabei erklären die Forscher auch die Messmethoden und schildern die beeindruckenden Ergebnisse, die sie bei ihren Expeditionen erzielt haben. So ganz gelingt es den Autoren aber doch nicht, die komplizierten wissenschaftlichen Erkenntnisse für jedermann spannend und verständlich darzustellen. Und so muss sich der geneigte Leser phasenweise durch komplizierte, abstrakte Gedanken-Konstrukte kämpfen und den ein oder anderen Satz ein zweites Mal lesen, bis es weitergehen kann auf der abenteuerlichen Reise durch Meer und Eis. Durch die Vielzahl an unterschiedlichen Autoren variiert natürlich auch der Stil von Bericht zu Bericht, so dass auch einige eher langweilige, sehr sachliche Passagen das Lesen erschweren.
Eine Entschädigung für die zeitweilige Mühe bieten neben vielen sehr gelungenen Texten auch die Bilder, die reichlich vorhanden und von hoher Aussagekraft sind: Fotos zeigen endlose Eiswüsten, riesige Algen und winzige Unterwassertierchen, außerdem natürlich die Forscher bei der Arbeit. Klare Diagramme verdeutlichen die Zusammenhänge und demonstrieren zum Beispiel die weltweiten Meeresströmungen oder die Veränderung der Ozonschicht.
Wer dieses Buch von vorn bis hinten durchgelesen hat, dürfte am Ende um einiges klüger sein und hat dazu noch viele spannende, ja geradezu großartige Geschichten erfahren, die er so schnell nicht vergessen wird. Von einigen Schwachstellen abgesehen ist dieses Buch ein gelungenes Werk im Sinne des Infotainment. Vivien Mast
Gert Lange (Hg.): Eiskalte Entdeckungen, Delius-Klasing-Verlag, 49,80 Mark
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen