piwik no script img

Frontverlauf im Süden der UkraineNeue Soldaten für die Offensive

Die Ukraine sieht Erfolge im Vormarsch gegen russische Truppen und bestätigt Beratungen mit der Nato-Militärspitze.

Kollateralschaden: Zerstörter ukrainischer Panzer nahe der Ortschaft Robotyne Foto: reuters

BERLIN taz | Die Ukraine bereitet für den Kampf gegen Russland weitere Mobilisierungen vor. „Ja, die Militärs haben sich an uns gewandt und es wird wohl eine zusätzliche Einberufung geben“, sagte der Sekretär des Nationalen Rates für Sicherheit und Verteidigung, Olexij Danilow, am Samstag im ukrainischen Radio.

„Unser Ziel ist nicht Robotyne, sondern das Asowsche Meer“

Ukrainischer Frontkommandeur

Nach der russischen Invasion am 24. Februar 2022 hatte die Ukraine das Kriegsrecht ausgerufen. Einen Zwangsdienst gibt es nicht, aber alle Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren sind grundsätzlich zum Wehrdienst verpflichtet und können einberufen werden – es sei denn, sie sind aus gesundheitlichen Gründen oder etwa als alleinerziehende Väter vom Dienst befreit. Wegen der Verluste an der Front werden immer wieder neue Rekruten ausgebildet und in den Kampf geschickt.

Die Ankündigung erfolgt vor dem Hintergrund zunehmender Erfolge bei der laufenden ukrainischen Gegenoffensive im Süden des Landes. Im Gebiet Saporischschja meldet die Ukraine nach der Einnahme des heftig umkämpften Dorfes Robotyne 10 Kilometer südlich der ursprünglichen Frontlinie weitere Geländegewinne in Richtung des Eisenbahnknotenpunktes Tokmak.

Das nächste Ziel sei die Hafenstadt Berdjansk am Asowschen Meer rund 100 Kilometer südlich, zitierte ein Reuters-Korrespondent am Samstag einen ukrainischen Frontkommandeur. „Wir machen hier nicht halt“, sagte er. „Ich habe meinen Kämpfern sofort klargemacht: Unser Ziel ist nicht Robotyne, unser Ziel ist das Asowsche Meer.“

Strategische Hilfe aus dem Westen

Die ukrainischen Streitkräfte gingen dem Kommandeur zufolge davon aus, die schwierigste russische Verteidigungslinie durchbrochen zu haben. „Wir haben die Hauptstraßen, die vermint waren, passiert. Wir kommen zu den Linien, an denen wir vorrücken können. Ich bin sicher, dass wir von hier aus schneller vorankommen werden.“

Laut einem Bericht des britischen Guardian konzentriert sich die ukrainische Armee verstärkt auf diesen Frontbereich seit einem Treffen zwischen führenden Generälen von Ukrai­ne und Nato an der ukrainisch-polnischen Grenze am 15. August. Ukraines Oberkommandierender, General Waleri Saluschni, beriet demnach fünf Stunden lang mit dem US-amerikanischen Nato-Oberbefehlshaber General Christopher Cavoli und dem britischen Generalstabschef Anthony Radakin.

Der hatte zuvor Gespräche in der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw geführt. Es sei darum gegangen, die ukrai­nischen Offensivbemühungen stärker zu konzentrieren, so der Bericht. Mychajlo Podoljak, Chefberater des ukrainischen Präsidenten Selenski, bestätigte am Wochenende das „geheime und dringliche“ Treffen.

Vor dem Termin waren in US-Medien Zweifel an der Effektivität der ukrainischen Offensivbemühungen laut geworden. Doch am Samstag sprach das US-amerikanische „Institute for the Study of War“ in seinem täglichen Lagebericht von „taktisch bedeutsamen Geländegewinnen“ der Ukraine.

Präsident Selenski versprach am Sonntag einen „machtvollen September“ für die Ukraine und mahnte „Entscheidungen“ bei bestehenden Zusagen neuer Militärhilfe an. In einem Zeichen wachsender ukrainischer Zuversicht war am vergangenen Donnerstag, dem ukrainischen Unabhängigkeitstag, erstmals ein ukrainisches Kommando auf der Krim gelandet und hatte sich dort Gefechte mit russischen Einheiten geliefert, bevor es wieder abzog. (mit rtr)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen