Fritz-Kola-Mitbegründer über Konflikte in der Branche: „Was sollen diese Plagiate?“
Gerade in Norddeutschland entstehen viele Alternativen zu Coca-Cola. Fritz-Kola gehört zu den erfolgreichsten dieser Fabrikate, die um eine ähnliche Kundschaft buhlen.
taz: Herr Wiegert, es heißt, Sie und Lorenz Hampl seien als Studenten auf der Suche nach einer Quelle gewesen, um Geld zu verdienen. Vor fast zwölf Jahren kam dabei Fritz-Kola heraus.
Mirco Wolf Wiegert: Lorenz und ich kennen uns seit fast 30 Jahren aus der Pfadfinderzeit. Als uns klar wurde, dass wir irgendwann arbeiten müssen, dachten wir: Lass uns uns selbstständig machen, dann können wir unser Ding machen und trotzdem ein entspanntes Leben führen.
Wie kamen Sie ausgerechnet auf Cola?
Wir haben Ideen gesammelt und irgendwann fiel uns beim Weggehen etwas auf: in der Schanze und auf dem Kiez, wo wir viel feierten, gab es immer nur Coca-Cola, Fanta, Sprite, Kiba oder Apfelschorle. In den guten Läden gab es auch mal eine Bionade – aber das war schon eine Befreiung. Dann überlegten wir uns, lass uns eine Cola machen, die besser ist: Die weniger süß ist und die es nur in Portionsflaschen gibt, sodass niemand rumpüttschern kann mit dieser Literware. Und damit sie eine Wirkung hat, machten wir mehr Koffein rein. 2002 bereiteten wir alles vor und im Februar 2003 fingen wir an mit den erst 170 Kisten – damals noch in so braunen Bierflaschen mit Etiketten aus dem Copyshop.
Ihre Rechnung ist also aufgegangen.
Das war aber nicht von vornherein klar. Wir haben mit 7.000 Euro angefangen und unser Erspartes zusammengekratzt. Deswegen sind ja auch unsere Köpfe auf der Flasche. Das ist nicht zwangsläufig schön. Aber eine Logoentwicklung kostet schnell 20.000 Euro. Also malte eine Kommilitonin unsere Gesichter und wir sicherten uns beim Patentamt die Rechte.
Das Image scheint aber wichtig zu sein in der Alternativ-Cola-Branche. Dort wird mehr verkauft als eine braune Limo: ein freier Geist, ein kollektives Projekt oder auch die Alternative zur Ausbeutung.
Das ist sicherlich auch von Bedeutung. Aber das Versprechen muss auch gehalten werden. In der Getränkebranche erlebt man oft, dass etwas rausposaunt wird, eine schicke Story oder ein Bild. Später kommt dann aber raus, dass alles doch anders war. Dann waren es doch keine zwei Studenten, die da lustig ein Getränk machten. Das Image alleine reicht also nicht, es muss auch stimmen.
39, kommt aus Hamburg. Er gründete und leitet seit 2002 mit seinem Freund Lorenz Hampl die kürzlich umbenannte Fritz Kulturgüter GmbH.
Man könnte sagen, das Fritz-Logo zeigt die netten Hamburger Jungs von nebenan. Ist das das Image, das Sie transportieren wollen?
So weit haben wir damals nicht gedacht. Aus heutiger Perspektive kann man das vielleicht meinen, aber vor fast zwölf Jahren ist es aus Geldmangel heraus entstanden.
Diese kleinen Colas sind vor allem im links-alternativen Milieu gefragt, weil dort die Weigerung, Coca-Cola zu trinken, am größten ist. Ringen also alle um die gleiche Zielgruppe?
Wir sind in der Hamburger Schanze und auf dem Kiez groß geworden, dort ist es im weitesten Sinne alternativ.
Es geht um ein Leitmilieu, an dem sich viele orientieren, also um diejenigen, die den Geschmack vorgeben?
Wenn heute Leute gegen das Freihandelsabkommen TTIP demonstrieren, kommt die Idee dazu aus diesem Milieu – in ähnlichen Zyklen verbreiten sich auch Getränke, wie Club-Mate, die aus der Hausbesetzerszene kommt. Heute gucken Mate- oder auch Fritz-Flaschen schon mal aus anderen Handtäschchen heraus.
Sie gelten in der Branche als ein führender Betrieb. Wie viele Flaschen verkaufen Sie?
Mit Zahlen halten wir uns immer sehr bedeckt, was der harten Branche geschuldet ist. Man sitzt da schon mal in fensterlosen, vollgequalmten Räumen, in denen mit harten Bandagen gekämpft wird.
Was meinen Sie damit?
Sie werden zu einem Einkäufer eingeladen und dann packt der seine Munition aus, es wird hart verhandelt – manchmal wird man sogar angeschrien. Es ist besser, wenn dein Gegenüber nicht zu viel weiß. Aber in der Welt der kleineren Getränkemarken sind wir schon sehr präsent. Wenn man aber mit der U-Bahn ein paar Stadtteile weiter fährt, nimmt das auch wieder ab.
Auch unter den kleinen Cola-Produzenten soll es nicht immer freundlich zugehen.
Je mehr Leute an einer Sache dran sind, desto wahrscheinlicher wird es, dass es Auseinandersetzungen gibt. In der Regel machen wir das mindestens in Hamburg so, dass wir bei Streitigkeiten den direkten Kontakt suchen und darüber sprechen. In den meisten Fällen kann man sie aus der Welt räumen. Es macht ja keinen Sinn, dass wir uns das Leben schwer machen.
Tun Sie das also?
Nein. In den letzten Jahren kamen viele spannende Getränke, bei denen sich Leute Gedanken gemacht haben. Aber es kamen auch Plagiate, also Produkte, die zu eng an den anderen dran waren.
Ein Beispiel?
Ein ehemaliger Geschäftspartner von uns hat irgendwann angefangen, uns entgegen aller Vereinbarungen zu kopieren. Da lässt der Respekt schon mal ein wenig nach. In Leipzig gibt es dagegen eine Limonade, mit Früchten aus der Region, das Etikett von einem Künstler gestaltet. Da hat also jemand ein gutes Produkt gemacht. Aber was sollen diese Plagiate?
Aber mit Fritz ist ja nun auch nicht das Ende der Cola-Geschichte geschrieben.
Nein, da gibt es gibt noch andere Colas die sich Gedanken machen und eigene Wege in Gestaltung, Zutaten und Geschmack beschreiten. Das belebt die Cola-Welt.
Als vor zwei Jahren Ali-Cola auf den Markt kam, waren Sie weniger begeistert?
Das erste Etikett war unserem zu ähnlich. Ich habe mich bei denen gemeldet, wir haben uns dann auf einen Kaffee getroffen und das geklärt. Anschließend wurde das geändert und sie machen mit der türkischen Limonade Gazoz auch stärker ihr Ding.
Im Internet ist zu lesen, dass Sie nicht immer fair vorgehen: Sie sollen Händlern oder Klubbetreibern Geld angeboten haben, damit sie Konkurrenz aus den Regalen nimmt. Stimmt das?
Wir gehen fair vor. Teilweise vereinbaren Klubbetreiber mit Getränkeherstellern die Zahlung eines Zuschusses. Mit den Zuschüssen sollen dann Umbauten oder Ausrüstung finanziert werden. Diese Zuschüsse werden dann auf eine Bezugsmenge Bier, Cola, Wasser et cetera umgelegt und so refinanziert. Es gibt für Klubbetreiber aber auch andere Finanzierungsmodelle und Zuschüsse durch Getränkehersteller sind nicht notwendig. Dann werden keine Kosten auf Getränke umgelegt. Das ist in aller Regel die beste Variante, dann können Gäste selber ihre Lieblingsgetränke auswählen. Ich kenne das Gerücht mit den Händlern, aber es stimmt nicht.
Aber es kommt doch vor, dass bestimmte Marken in einer Bar oder einem Club ausschließliche präsent sind. Warum ist das so?
Eine ausschließliche Präsenz ist überbewertet. Wichtiger ist eine gute Auswahl für Gäste. Eine mögliche Werbewirkung ist eher zweitrangig.
In Hamburg haben Sie den halben Kunstverein neben dem Hauptbahnhof monatelang zugehängt. Warum ist das so ein wichtiger Ort für Sie?
Der Kunstverein hat uns eine sehr schöne Plakatfläche vermietet und generiert damit Einnahmen. Etwas Ähnliches machen wir jetzt über dem Silbersack auf dem Kiez, da hat der Inhaber Lust auf Fritz.
Ist das Lokalpatriotismus?
Auf jeden Fall geht es um Hamburg. Ob es nun gerade Lokalpatriotismus ist, weiß ich nicht.
Ist das Hamburger Image wichtig für Fritz – ähnlich wie das vielleicht bei Astra der Fall ist?
Vielleicht. Ich bin zum Beispiel öfter mal in Wien. Dieses „aus Hamburg“ gilt da oft als toll.
Was genau ist damit denn gemeint?
Musik aus Hamburg, Kunst aus Hamburg, aber auch der Hafen und eine gewisse Freiheit: Sich mal die Haare rot färben und was „Wildes machen“. Manche denken aber auch an die Schanze, den Kiez oder ein schönes Wochenende. Die Menschen haben Bilder im Kopf.
Sie haben sich kürzlich zur „Fritz Kulturgüter GmbH“ umbenannt, warum?
Der Begriff Cola ist zu eng gefasst, für das, was wir noch vorhaben. Wir machen Limonaden und sehen diese auch als Kulturgut – allerdings mit einem zwinkernden Auge.
Wenn ich in Hamburg eine Fritz-Kola kaufe, wo wurde die zusammengemischt und abgefüllt?
In der Nähe von Bremen. Das ist der nächste Betrieb, der in einer guten Qualität Hamburg-nah in Glasmehrweg produzieren kann.
Hamburg ist auch nicht mehr das, was es mal war.
Wir hatten hier mal viele Brauereien. Aber heute gibt es in Hamburg keinen Betrieb mehr, der Glasmehrweg in dieser kleinteiligen Größe abfüllen kann.
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