Friedrich droht Salafisten mit Sanktionen: Abschiebungen und Hartz IV-Stopp
Salafisten rufen zu einer Großkundgebung in Köln auf. Innenminister Friedrich droht mit Sanktionen. Er denkt auch an ein Verbot der salafistischen Vereine.
KÖLN taz | Gerade hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in einem Interview laut darüber nachgedacht, salafistische Vereine zu verbieten. Währenddessen wollen Anhänger des salafistischen Predigers Pierre Vogel an diesem Samstag in Köln einen „Islamischen Friedenskongress“ abhalten.
Die Kundgebung mit mehr als tausend Teilnehmern soll auf einem brachliegenden Grundstück zwischen ICE-Bahnhof und Messegelände im Stadtteil Deutz stattfinden, rund 30 Mitglieder der rechtsradikalen Splitterpartei „Pro NRW“ wollen dagegen demonstrieren.
Im Mai hatte es in Bonn und Solingen gewalttätige Ausschreitungen einer salafistischen Gruppe gegeben, dabei waren zwei Polizisten schwer verletzt worden. Auch diesmal wird die Polizei wieder mit einem Großaufgebot vor Ort sein, um ein Zusammentreffen der beiden Gruppen zu verhindern.
Der Kölner Salafistenprediger Vogel hat seine Anhänger in einem Internetvideo jetzt zu friedlichem Verhalten aufgefordert. Die Veranstaltung solle Werbung für den Islam machen: „Wir wollen die Herzen der Menschen an diesem Tag erobern.“ Vogel steht aber gleichwohl für eine radikale Auslegung des Islam.
So fordert er, dass Männer und Frauen bei dem Treffen getrennt stehen sollten. Außerdem will der Prediger Ibrahim Abou-Nagie, der noch radikalere Ansichten als Vogel vertritt, dort einen „Koran-Stand mit kostenloser Literatur“ aufstellen.
Durch Koran-Verteilungen und Demonstrationen waren die Salafisten in den vergangenen Monaten ins Blickfeld einer breiten deutschen Öffentlichkeit geraten.
Zuletzt hatte zudem ein Internetvideo für Furore gesorgt, in dem zum Mord an Anhängern von „Pro NRW“ aufgerufen wurde. Diese hatten im NRW-Landtagswahlkampf vor Moscheen mit der öffentlichen Präsentation von Karikaturen des Propheten Mohammed provoziert.
So neu ist das Phänomen der Salafisten aber nicht: Bereits im Juni 2011 hatte sich die Innenministerkonferenz mit einem Lagebild zu der „zurzeit in Deutschland am schnellsten wachsenden islamistischen Bewegung“ beschäftigt.
Nährboden für Terrorismus
Sie sei „klar verfassungsfeindlich“ und „Nährboden des islamistischen Terrorismus“, hieß es damals in dem Papier. Zwar seien nicht alle Salafisten gewaltbereit, gleichwohl gebe es eine besondere Nähe zu Akteuren des „Heiligen Kriegs“: „Fast alle Personen mit Deutschlandbezug, die den gewaltsamen Dschihad befürworten und/oder sich ihm angeschlossen haben, standen zuvor mit Trägern salafistischer Bestrebungen in Kontakt.“
Man müsse dieser Gruppe daher „mit allen Mitteln des Rechtsstaats entgegentreten“.
In einem Interview mit der Welt erläuterte Innenminister Friedrich nun, wie er sich das vorstellt. „Man sollte über alle Sanktionen nachdenken, die unser Sozialstaat hergibt“, sagte der CSU-Politiker auf die Frage, ob Hasspredigern wie Abou-Nagie Sozialleistungen wie Hartz IV und Kindergeld gekürzt werden sollten.
Aufenthaltsrecht verschärfen
„Ich halte es grundsätzlich für richtig, wenn staatliche Zuschüsse für solche Extremisten überprüft werden.“ Außerdem kündigte der Innenminister an, das Aufenthaltsrecht verschärfen zu wollen, um Hassprediger leichter abschieben zu können, dazu gebe es sogar bereits konkrete Pläne.
„Künftig sollte dies schon dann möglich sein, wenn jemand Inhalte verbreitet, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten oder die einer Radikalisierung beziehungsweise Anwerbung zum Terrorismus Vorschub leisten“, sagte Friedrich.
Der „Islamische Friedenskongress“ wird für die Salafisten, denen Friedrich auf diese Weise droht, damit zu einer Bewährungsprobe. Die Sicherheitsbehörden befürchten, einzelne Teilnehmer der Kundgebung könnten sich nicht an den proklamierten Gewaltverzicht halten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag