Friedensvertrag in Afghanistan: Meilenstein oder Affront?
Seit Monaten ringt die Einheitsregierung in Afghanistan um Frieden mit Rebellengruppen. Jetzt unterzeichnet sie ein Abkommen mit einem der brutalsten Kriegsherren.
Damit die Waffenruhe in Kraft tritt, muss der Vertrag noch von dem afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani und dem Rebellenführer selbst unterschrieben werden.
Das Abkommen sieht vor, dass alle Hisb-e Islami-Mitglieder in afghanischer Gefangenschaft binnen zwei Monaten freigelassen werden. Die afghanische Regierung will zudem die Vereinten Nationen und andere Organisationen bitten, Sanktionen gegen die Rebellen aufzuheben. Hisb-e Islami soll dafür auf die Unterstützung terroristischer Gruppen verzichten.
Der Vorsitzende des afghanischen Hohen Friedensrats, Pir Saied Ahmad Geilani, und der Sicherheitsberater des Präsidenten, Hanif Atmar, forderten alle Rebellengruppen, einschließlich der Taliban, zur Teilnahme am Friedensprozess auf. Das Abkommen mit Hisb-e Islami könnte Beobachtern zufolge zu einem Meilenstein bei den Bemühungen der Einheitsregierung um eine Befriedung des Landes werden.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hatte das Abkommen hingegen im Vorfeld als Affront gegen die Opfer der Gewalt verurteilt. Die Rückkehr des Rebellenführers Hekmatjar werde die „Kultur des Straffreiheit“ gegen die Kriegsherren in Afghanistan fördern, kritisierte die Organisation in einer Stellungnahme am Mittwoch.
Hisb-e Islami wurde 1977 von Hekmatjar (69) gegründet. Er war in den 1980er Jahren der von Saudi-Arabien und den USA am besten finanzierte Mudschaheddin-Anführer im Kampf gegen die Sowjets. Im Kampf um die Herrschaft in Kabul wurde er für den Tod tausender Zivilisten verantwortlich gemacht. Später leitete er mit Hisb-e Islami die nach den Taliban größte Widerstandsgruppe gegen die afghanische Regierung und die sie unterstützenden internationalen Truppen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee