piwik no script img

Freizeitpark-BoomDie Disneyisierung Chinas

In Schanghai eröffnet jetzt das erste „echte“ Disneyland der Volksrepublik. Doch die Konkurrenz ist groß. Das Land ist übersät mit Vergnügungsparks.

Animation im Disneyland in Schanghai Foto: ap

Peking taz | Vor 20 Jahren wünschten sich Chinas Parteisekretäre ein Cinderella-Schloss. Also ließen sie in einem Industriegebiet am Stadtrand von Peking eine Disneyland-Kopie errichten. Erst musste wegen Sicherheitsmängeln die Achterbahn schließen, dann verfiel auch der Rest. Die Ruinen erinnern heute nur noch mit sehr viel Fantasie an das berühmte Märchenschloss. Dafür erhalten die Chinesen nun aber ein echtes Disneyland.

Donald Duck, Mickey Mouse, ja selbst Sturmtruppen aus Star Wars, alle sind dabei, wenn am Donnerstag nach fast zehnjähriger Bauzeit vor den Toren Schanghais das erste Disney-Ressort auf volksrepublikanischem Boden eröffnet wird. Disney-Chef Bob Iger sprach von einem „entscheidenden Meilenstein“ der Firmengeschichte.

Der Themenpark umfasst die für Disneyland so typischen Attraktionen wie die Wildwasserbahn aus „Fluch der Karibik“ und die Achterbahn aus „To­morrowland“. Das berühmte Cinderella-Märchenschloss ist das größte des Disney-Konzerns. Rund 5 Milliarden Euro hat der Unterhaltungsriese investiert.

In der einstigen britischen Kronkolonie und heutigen chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong gibt es bereits seit 2005 ein Disneyland. Die Besucherzahlen blieben jedoch unter dem Ziel. Zudem kommt es in Hongkong immer wieder zu Protesten von Arbeiter­organisationen, die gegen die Produktionsbedingungen des Disney-Merchandise in chinesischen Fabriken protestieren. Das schadet dem Geschäft.

Disney-Konzern hat große Erwartungen

Umso größer sind nun die Erwartungen des Disney-Konzerns am Standort Schanghai, wo Proteste nicht erlaubt sind. 330 Millionen potenzielle Kunden leben in einem Umkreis von drei Stunden Autofahrt.

Allerdings ist auch die Konkurrenz groß. China wird derzeit übersät mit Freizeit- und Erlebnisparks. Mehr als 300 haben in den vergangenen Jahren im Reich der Mitte eröffnet. 2015 kamen 15 dazu, weitere 20 sind im Bau. Nur wenige Kilometer von Disneyland entfernt baut US-Konkurrent Dreamworks für 3 Milliarden Euro einen Kungfu-Panda-Park. Nicht weit davon errichtet das chinesische Unternehmen Haichang einen Ozean-und-Polar-Park mit Eisbären, Pinguinen und Walen.

Auch Peking versucht mitzuhalten. Universal Studios baut an einem Themenpark. Der britische Sender BBC erwägt im Reich der Mitte einen Sherlock-Park, und der japanische Spielzeugkonzern Sanrio errichtet für 200 Millionen Dollar einen Park mit Hello Kitty.

Die ehrgeizigsten Projekte schiebt derzeit der chinesische Unterhaltungsriese Wanda an. Firmengründer Wang Jianlin, dem bereits die größte Kinokette der USA gehört, will in China über das ganze Land verteilt rund ein Dutzend Freizeitparks errichten. Am weitesten gediehen ist der Wanda Movie Park in der Zehnmillionenmetropole Wuhan. Hauptattraktion ist ein gigantisches „5-D-Theater“ mit einer über 200 Quadratmeter großen LED-Leinwand, auf der mit allen technischen Raffinessen eine Erlebnisshow über Chinas nationale Errungenschaften dargeboten wird.

Disney gibt sich zuversichtlich, dass sein Park in Schanghai die Konkurrenz abschütteln wird. Den chinesischen Betreibern fehle es an Gespür, ihre Freizeitparks zu pflegen, zitiert die Shanghai Daily einen chinesischen Mitarbeiter von Disney. Vielen drohe nach wenigen Jahren der Abriss oder sie verfallen. So wie das Disneyland-Imitat in Peking.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • 1G
    12294 (Profil gelöscht)

    So, dann holen wir jetzt mal unseren Bryman raus und schlagen nach. Disneyisierung/Disneyfizierung bezeichnet die Anwendung von Darstellungsprinzipien, die gemeinhin mit Disney und den Disney-Themenparks assoziiert werden, auf nicht-Disney-Orte (z.B. The Disneyization of Society). Von einer Disneyfizierung Chinas ist im Artikel jedoch nicht die Rede, allenfalls wenn man "wachsende Zahl von Themenparks" mit "Disneyfizierung" gleichsetzt. Die gab's aber auch schon lange vor Shanghai Disneyland.