: „Freihandelszone Spandau“
Gebt den Spandauern Spandau zurück. In der Havelstadt hat das Zentralrad der Kunstpartei (ZKP) den Kampf um die Spandauer Souveränität eröffnet ■ Von Uwe Rada
Das haben sie nun davon! Kaum hat die rotschwarze Gesellschaft im Berliner Rathaus beschlossen, den Hauptstädtern elf Bezirke zu klauen, droht das ganze Gebilde namens Berlin zusammenzufallen. Es sind freilich nicht die notorischen Nörgler aus den Reihen der Opposition, die Berlin zusetzen, sondern die BewohnerInnen eines Marktfleckens, den es bereits gab, als die Doppelstadt Berlin/Cölln noch niemand kannte. Ihre Parole lautet: „Freiheit für Spandau!“
Exakt 800 Jahre nachdem das Havelstädtchen mitsamt seinen BewohnerInnen, den Spreewanern, zum erstenmal urkundlich erwähnt wurden, regt sich wieder regionales Selbstbewußtsein. Und das hat seit kurzem einen Namen: ZKP, das Zentralrad der Kunstpartei. Was für manchen Kreuzberger ein mieser Abklatsch der dort seit langem verwurzelten KPD/RZ sein mag, ist für die betulichen Spandauer eine kleine Revolution. Endlich wagt es eine Gruppe von 30 KünstlerInnen zu sagen, was sie schon lange denken: „Im Spandauer Rathaus sollen die Uhren nach der Wahl anders ticken!“ Spandau, so lautet die Parole der ZKP für die Bezirksverordnetenwahl 1999, dürfe nicht warten, bis auch das Wahlvolk außerhalb Spandaus reif für die ZKP sei.
Die JungpolitikerInnen geben sich betont heimatnah. Vor allem müsse über „eine eventuelle Separatlösung für die – 1920 gegen heftigen und erbitterten Widerstand unserer Großväter von Großberlin annektierten – Havelstadt nachgedacht werden“. Doch nicht nur die Forderung „Gebt Spandau zurück an die Spandauer“ haben die Zentralradkünstler auf der Havelpfanne, sondern auch so populistische Begehrlichkeiten wie die Abschaffung des Fernsehprogramms zwischen den Werbeblöcken oder die Wiedereinführung des Rabattmarkensystems.
Wie klein beziehungsweise groß die Chancen der Kunstpartei sind, vermag derzeit niemand zu sagen. Tatsache aber ist, daß den Berliner Finanzpolitikern im Fall eines ZKP-Erfolgs der Wind ums Sparbuch wehen wird. Im Widerspruch zur sozialdemokratischen Hinhaltetaktik gegen die Globalisierung, setzt die ZKP ganz auf die Zukunft Spandaus als Freihandelszone: „Laßt uns ganz Spandau in eine einzige, lustig arbeitsplatzschaffende und gigantisch geldsprudelnde Tivolimetropole, in ein Butterfahrtziel der Spitzenklasse verwandeln.“ Nach Erlangung seiner Souveränität, beruhigt die ZKP aber, wolle man weiter in Frieden mit den Nachbarn leben, das heißt „mit der dann hoffnungslos verarmten Verwandtschaft in der kleiner gewordenen Hauptstadt der Deutschen“.
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