Freie Sachsen bei Kommunalwahl Sachsen: Braune Flecken im blauen Teppich
Bei den Kommunalwahlen erzielen die rechtsextremen Freien Sachsen teils zweistellige Ergebnisse. Sie ziehen in alle Kreistage ein.
Bei den Freien Sachsen mischen frühere NPD-Funktionäre, Kameradschaftler oder Reichsbürger mit. Die Partei versteht sich explizit als „Sammlungsbewegung“, erlaubt auch doppelte Parteimitgliedschaft. Der sächsische Verfassungsschutz hat die Freien Sachsen schon lange als gesichert rechtsextrem eingestuft. Und dennoch holte die Partei am Sonntag etwa in Lößnitz im Erzgebirge 19 Prozent der Stimmen. Hier profitierte sie davon, dass die AfD vor Ort nicht antrat. Gleiches galt in Lunzenau bei Chemnitz, wo die Partei 17 Prozent erzielte, in Trebsen mit 16,6 Prozent oder in Bannewitz mit 15,6 Prozent.
Anderswo zog die Partei auch parallel zur AfD in Parlamente ein, etwa in Leisnig, auf halber Strecke zwischen Leipzig und Dresden. Dort traten die Freien Sachsen mit völkischen Siedlern um den früheren Funktionär der NPD-Jugend Christian Fischer an, erzielten 10,7 Prozent – zugleich kam die AfD auf 18,5 Prozent. Damit lagen die Rechtsextremen vor Ort gleichauf mit Linken und SPD, die Grünen zogen in Leisnig gar nicht mehr ins Parlament ein.
„Ernüchternde, gefährliche Situation“
Auch in Aue holten die Freien Sachsen 12 Prozent – die AfD kam parallel auf 21,8 Prozent. In Herrnhut waren es 10,5 Prozent für die Freien Sachsen, bei 19,7 Prozent für die AfD. In Heidenau kamen beide Parteien zusammen auf fast 40 Prozent: 33,5 Prozent waren es für die AfD und 6,1 Prozent für die Freien Sachsen. Für die Neonazipartei sitzt hier nun der frühere NPD-Aktivist Max Schreiber im Parlament, der zuletzt mit der Organisation von zahlreichen Demonstrationen und mit Drohungen gegen Politiker*innen auffiel – und in der Stadt die viertmeisten Stimmen aller Kandidierenden erhielt. In Freiberg gewann der rechte Youtuber Simon Stein alias „Herr Aber“ für die Freien Sachsen ein Mandat, in Freital war es René Seyfried, der einst Anti-Asyl-Proteste mitorganisierte.
Bei den Kreistagswahlen blieben die Freien Sachsen dagegen durchweg unter 5 Prozent, schnitten am stärksten noch im Erzgebirge mit 4,6 Prozent ab. „Die Hoffnungen sind immer größer“, erklärte der Parteivorstand dazu. Die Ergebnisse aber seien dennoch ein Erfolg, sachsenweit habe man gut 100 Mandate geholt. Eine landesweite Verankerung sei damit gelungen, teils seien Kreistagsmehrheiten „gegen das etablierte Parteienkartell möglich“.
Michael Nattke vom Kulturbüro Sachsen, das Gemeinden zu Rechtsextremismus berät, sagte, Beobachter und die Freien Sachsen selbst hätten durchaus größere Erfolge erwartet. „Trotzdem sind zweistellige Ergebnisse für glasklare Rechtsextreme in den lokalen Parlamenten erschreckend.“
Auch insgesamt sei der Wahlsonntag mit dem AfD-Durchmarsch „eine Katastrophe“, so Nattke zur taz. „Das demokratische ‚Wir sind mehr‘ gilt in weiten Teilen Sachsens nicht mehr. Die Zivilgesellschaft, die für diese Werte eintritt, steht nun einer breiten Front der Antidemokraten gegenüber.“ Linke Parteien seien vielerorts völlig marginalisiert. Wie Gemeinden mit solchen Mehrheiten künftig Demokratieprojekte anstoßen und fördern würden, sei „völlig schleierhaft“, warnt Nattke. „Das ist eine sehr ernüchternde, gefährliche Situation.“
Die Freien Sachsen hatten sich 2021 um den Chemnitzer Anwalt und Rechtsextremen Martin Kohlmann gegründet. Sie hatten im Wahlkampf Politiker*innen als „Politverbrecher“ geschmäht und gegen Geflüchtete agitiert. Offen wurde mit einer „patriotischen“ Zusammenarbeit mit der AfD kokettiert. Die Freien Sachsen kündigten an, in den Parlamenten vor allem Informationen etwa über geplante Asylunterkünfte abgreifen und dem politischen Gegner „das Leben schwerer machen“ zu wollen.
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