Freie Jobs in Spaniens Tourismusbranche: Personalmangel im Ferienparadies

Im spanischen Hotel- und Gaststättengewerbe fehlen rund 90.000 Arbeitskräfte. Besonders betroffen sind die Balearen.

Männer mit Mundschutz stellen Sonnenschirme am Strand Alcudia im Norden von Mallorca auf.

Nur mäßig begehrte Jobs: Männer stellen Sonnenschirme am Strand Alcudia im Norden von Mallorca auf Foto: Clara Margais/dpa

MADRID taz | Endlich ist sie da – die erste Sommersaison, die verspricht so zu werden, wie vor der Pandemie. Problem: Es fehlt an Personal. Vor allem in den Hotels, Kneipen und Restaurants wissen viele Unternehmer nicht, wie sie den Touristenansturm bewältigen sollen. Insgesamt fehlen im spanischen Hotel- und Gaststättengewerbe rund 90.000 Arbeiter, so die Zahlen der World Travel & Tourism Council (WTTC), eines weltweiten Branchenverbands. Knapp 10 Prozent der Stellen könnten so diesen Sommer frei bleiben.

Besonders betroffen sind die Balearischen Inseln. Mallorca, Menorca und Ibiza sind bei den Touristen beliebt wie eh und je, bei den Arbeitern der Branche nicht. Auf den Inseln stellt das Geschäft mit Strand und Sonne rund 130.000 Arbeitsplätze.

Silvia Montejano,Gewerkschafterin

„Der Aufschwung nach der Pandemie hat dazu geführt, dass sich die Arbeitnehmer umschauen und Jobs aussuchen können“

Der Hotelverband auf Mallorca (FEHM) rechnet mit einer Saison, die besser wird, als die letzte vor der Pandemie, 2019. Laut Verbandssprecherin María Frontera fänden die meisten Unternehmer Personal, aber „meist neue, unerfahrene Kräfte“. Dennoch muss auch sie eingestehen, dass manche Hotels aus Personalnot die Zahl der Kunden einschränken und Restaurants schließen. Nachdem die Tourismusbranche in Folge der Pandemie völlig zum Erliegen gekommen war, führte die Linksregierung ein Kurzarbeitsprogramm für die Branche ein.

„Der Aufschwung nach der Pandemie hat dazu geführt, dass sich die Arbeitnehmer umschauen und Jobs aussuchen können“, sagt Silvia Montejano, regionale Generalsekretärin des Dienstleistungssektors in der größten spanischen Gewerkschaft CCOO. Wer konnte, ging. Denn in vielen Branchen sind die Arbeitszeiten wesentlich geregelter als im Hotel- und Gaststättengewerbe, die Löhne besser. „Diejenigen Hotels und Gaststätten, die gut bezahlen und freie Tage gewähren, haben wesentlich weniger Personalprobleme“, weiß Montejano.

Leider sei es in der Branche üblich, Teilzeitverträge auszustellen und den Rest als Überstunden abzurechnen. Bei Saisonende bedeutet dies für Arbeiter wesentlich weniger Arbeitslosengeld, als ihnen mit einem Vollzeitvertrag zugestanden hätte.

Die Gewerkschaften fordern bis zu 3,5 Prozent mehr Lohn

Die Arbeitslosenquote auf den Inseln liegt bei rund 7 Prozent und ist damit nur halb so hoch wie im restlichen Spanien. Üblicherweise kommen viele Arbeiter in der Hauptsaison vom spanischen Festland und aus dem Ausland. „Jetzt bleiben sie aus“, weiß Montejano. „Das liegt nicht zuletzt an den Wohnungspreisen auf den Inseln.“ Die meisten Mietwohnungen gehen in den Sommermonaten an Touristen. Wer auf der Insel arbeitet und eine Unterkunft braucht, muss – so die Inselpresse – mit 500 bis 800 Euro für ein Zimmer rechnen. Selbst ein Bett in einem Zimmer mit mehreren Mietern kostet bis zu 300 Euro. Das spanische Fernsehen zeigte Bilder von Arbeitern, die in ihrem Auto übernachten.

Die Gewerkschaften auf den Balearen fordern je nach Branche 2,5 bis 3,5 Prozent mehr Lohn. Angesichts der Inflation ist dies eher moderat. Dennoch lehnen die Unternehmerverbände ab. Auch Frontera vom Hotelverband beteuert, dass dies „nicht die Lösung“ sei. Denn trotz höherer Löhne würden „strukturelle Probleme“ verhindern, dass mehr Menschen zum Arbeiten auf die Balearen kommen. Sie fordert politische Maßnahmen – ausgehandelt mit allen Beteiligten.

So mancher möchte darauf nicht warten. Vor allem große Hotelketten bieten von sich aus übertarifliche Löhne und sogar Unterkünfte. Andere, wie das Hard Rock Hotel auf Ibiza, versprechen Angestellten eine Prämie, wenn sie neue Kollegen anwerben.

Gewerkschafterin Montejano prophezeit eine Zuspitzung der Lage. „Der Personalmangel betrifft auch andere Branchen wie das Gesundheitssystem oder die Bauwirtschaft“, berichtet sie. Selbst die Polizei hat Schwierigkeiten, ihre Reihen zu füllen. Ältere Beamte mit Familie wählen die Inseln nicht für eine Versetzung. Das Innenministerium schickt deshalb frischlizenzierte Akademieabgänger. Diese jungen Beamte können sich nach ihrem ersten Berufsjahr wegversetzen lassen.

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