Freiburgs kritische JuristInnen: Alkoholverbot vor Gericht

Essen in der Tram, Trinken im Ausgehviertel - in Freiburg ist vieles untersagt. Nun klagt ein Kreis kritischer JuristInnen gegen die Gruppentrink-Verordnung.

Kollektives Besäufnis im Freien. Bild: dpa

FREIBURG taz Die südbadische 200.000-Einwohner-Stadt Freiburg ist nicht nur ökologisch Vorreiterin, sondern auch wenn es um Verbote im Alltag geht. In der Straßenbahn darf man nicht essen, in der Fußgängerzone keine Fahrräder abstellen und im Ausgehviertel keinen Alkohol auf der Straße trinken. Dieses Alkoholverbot, das in der Stadt heiß diskutiert und von anderen Kommunen der Republik mit Interesse verfolgt wird, landet jetzt aber vor Gericht - auf Klage des örtlichen Arbeitskreises kritischer JuristInnen.

Drei Straßen umfasst das Freiburger Ausgehviertel und wird deshalb "Bermudadreieck" genannt. Die Polizei registrierte dort in den letzten Jahren einen starken Anstieg von Gewaltdelikten und machte dafür den Alkohol verantwortlich. Rund die Hälfte der Tatverdächtigen in der Innenstadt sei alkoholisiert. Alkohol führe zur Enthemmung, erhöhe die Gewaltbereitschaft, so lautet die Argumentation. Oft werde mitgebrachter Billigalkohol auf öffentlichen Plätzen konsumiert, bevor man Gaststätten besucht. "Vorglühen" wird das in Freiburg genannt.

Seit Ende 2007 gilt nun eine Polizeiverordnung der Stadt, die den Alkoholkonsum an den Wochenendnächten im Ausgehviertel beschränkt. Eine erste Auswertung der Polizei ergab gemischte Ergebnisse. Zwar sank die Zahl der Gewaltdelikte im Wirkbereich des Verbots um 16 Prozent. Zugleich stieg aber der Anteil alkoholisierter Täter von 43 auf 60 Prozent. Der grüne Oberbürgermeister Dieter Salomon war dennoch zufrieden und forderte eine Verlängerung des Alkoholverbots. Der Gemeinderat beschloss jüngst eine Ausweitung der Probephase bis 2010.

Gegen dieses Alkoholverbot hat nun John Philipp Thurn, Mitglied im Arbeitskreis, geklagt. Er hält eine Polizeiverordnung gegen Alkoholkonsum generell für unzulässig. "Wer Alkohol trinkt, wird danach in aller Regel nicht gewalttätig", sagt der Freiburger Doktorand, der nach eigenen Angaben auch gerne in den lauschigen Freiburger Gassen und Plätzen mitgebrachten Alkohol trinkt. Das pauschale Alkoholverbot setze als Gewaltprävention "viel zu früh und zu breit" an. Thurn ist übrigens Mitarbeiter am Lehrstuhl von Andreas Voßkuhle, der im April zum Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts gewählt wurde.

Sein Normenkontrollantrag beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim richtet sich auch gegen eine zweite Freiburger-Polizeiverordnung, die in der ganzen Stadt gilt. Danach ist das kollektive öffentliche Trinken verboten, "wenn dessen öffentliche Auswirkungen geeignet sind, Dritte erheblich zu belästigen". Die Vorschrift richtet sich gegen Alkoholiker, Obdachlose und Punks, die mit aggressivem Verhalten untereinander und gegen Dritte immer wieder Bürger ängstigen und vom Gebrauch bestimmter Plätze abhalten. John Philipp Thurn hält diese Verordnung ebenfalls für rechtswidrig. Auch hier werde angesetzt, bevor eine Gefahr auch nur eingetreten ist. Die Gruppentrink-Verordnung spielt in der Freiburger Debatte bisher aber nur eine Nebenrolle, weil sie im ersten halben Jahr kein einziges Mal angewandt wurde.

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