Fraunhofer-Gesellschaft hat neuen Chef: Absage an den Stil des Vorgängers
Holger Hanselkas Vorgänger stand wegen seines autokratischen Führungsstils in der Kritik. Er gelobt Besserung an der Spitze.
Etwas knifflig, wie der jüngste Neuzugang bei Fraunhofer seinen Job an der Spitze beginnt. „Heute tritt Prof. Dr. Ing. Holger Hanselka das Amt des 11. Präsidenten der Fraunhofer-Gesellschaft an“, meldete die Pressestelle der Forschungsorganisation am 15. August und schickte als Beleg ein Video des neuen Chefs aus der Münchner Zentrale mit. In Bayern war Feiertag und auch in der Landeshauptstadt ruhte die Arbeit. Real war Hanselka in Kanada und nahm seinen Resturlaub als scheidender Präsident des Karlsruher Instituts für Technologie.
Ende Mai war er als Nachfolger von Reimund Neugebauer gewählt worden, der durch Spendenskandale und autoritären Führungsstil die Fraunhofer-Gesellschaft fortlaufend in negative Schlagzeilen brachte. Auch der Bundesrechnungshof und das Bundesforschungsministerium kritisierten Neugebauers Amtsführung.
In seiner Videobotschaft betont Hanselka, dass „zukunftsweisende Corporate-Governance-Strukturen, neue Formen der Zusammenarbeit und eine von Vertrauen und Verantwortung geprägte Unternehmenskultur“ in seinem „ganz persönlichen Fokus“ stehen werden. Das ist eine unüberhörbare Absage an den Stil seines Vorgängers.
Hanselka gibt außerdem zu, dass Deutschland in einigen Bereichen in „technologischen Rückstand“ geraten sei, und nennt als Beispiele künstliche Intelligenz, Robotik und Energiespeicherung. An den studierten Maschinenbauer richten sich große Hoffnungen, die Forschungsorganisation innerlich zu beruhigen und im internationalen Innovationswettbewerb neu zu positionieren. Fraunhofer beschäftigt knapp 30.000 Mitarbeiter in 78 Instituten mit einem Budget von 3 Milliarden Euro.
Vorfinanzierung externer Projekte
In einem Interview fragte der Wissenschaftsjournalist Jan-Martin Wiarda den Fraunhofer-Chef nach dem zweiten Bericht des Bundesrechnungshofs zu Fraunhofer, über dessen Kritikpunkte an der Finanzorganisation die taz erstmals exklusiv berichtet hatte.
Der Bundesrechnungshof wirft der Forschungsgesellschaft vor, dass sie ihre jährlichen Zuwendungen aus dem Forschungsministerium immer in vollem Umfang abrief, auch um damit „externe Projekte vorzufinanzieren“. Dies sei im Prinzip zulässig, stellt der Rechnungshof fest – wenn dafür ein Bedarf bestehe. Das sei im Prüfzeitraum aber nicht der Fall gewesen.
„Ich hatte bislang keinen Zugang zu diesem zweiten Bericht“, sagt Hanselka im Interview. Sobald dies der Fall sei, „werde ich die Schlussfolgerungen des Rechnungshofs sehr genau studieren“. Grundsätzlich brauche Fraunhofer wegen seiner Nähe zu Unternehmen und fluktuierenden Marktprozessen ein Finanzregime mit Rücklagen, das flexibles Handeln ermögliche, argumentiert Hanselka.
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