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Frauenteam bei Bob-Weltcup in KönigsseeMit großem Anlauf in den Eiskanal

Beim Bob-Weltcup fahren die deutschen Frauen der Weltklasse hinterher. Grund dafür ist ein besonders gründlicher Generationenwechsel.

Irgendwo im Foto versteckt sich ein Bob: Blick auf die Kunsteisbahn am Königssee. Foto: dpa

BERCHTESGADEN taz | Der Präsident konnte sich die Situation nicht erklären. „Unsere Männer und Frauen fahren dasselbe Material, warum klappt es bei den Frauen nicht so gut wie bei den Männern?“, fragte Andreas Trautvetter.

Während in dieser Saison Francesco Friedrich bei den Männern von Weltcup-Sieg zu Weltcup-Sieg fährt, ist der Abstand der deutschen Bobfahrerinnen zur Weltspitze enorm. 0,93 Sekunden waren es am Freitag für Juniorin Sandra Kroll als Fünfte auf ihrer Hausbahn am Königssee, Vizeweltmeisterin Anja Schneiderheinze hatte als Sechste gar 1,47 Sekunden Rückstand.

„Wir müssen halt besser fahren“, lautete das simple Fazit der 37-jährigen Erfurterin. Knallhart, aber ein wenig differenzierter bilanzierte René Spies die Situation. „Wir sind momentan nicht in Schlagdistanz“, sagte der Bundestrainer, „wir können nicht aus eigener Kraft aufs Podium fahren.“

So wirklich überraschend kommt diese Erkenntnis nicht. In den vergangenen beiden Wintern hatte das zuvor erfolgsverwöhnte deutsche Frauenteam einen wahren Aderlass erlebt. Nach den Olympischen Spielen 2014 hörte Sandra Kiriasis, Olympiasiegerin und siebenfache Weltmeisterin, auf.

Auf Ursachenforschung

Nach dem vergangenen Winter hatte Cathleen Martini nach zehn Jahren in der Weltspitze genug. Der Rücktritt von Stefanie Szczurek im Sommer kam dann jedoch überraschend. Die 28-jährige Oberhoferin hätte eigentlich die entstandene Lücke schließen sollen, doch sie zog die Karriere als Kommissarin der im Bob vor.

Chefbundestrainer Christoph Langen hatte vor der Saison gehofft, dass Schneiderheinze zumindest gut mithalten kann. Die jungen Athletinnen hätten sich dann langsam in ihrem Schatten entwickeln können. Doch die Erfurterin, 2006 mit Kiriasis noch als Anschieberin Olympiasiegerin, verliert nach gutem Start im Eiskanal zu viel Zeit. Das frustriert. Und deshalb, so hat sie bereits angekündigt, ist auch bei ihr nach dieser Saison Schluss.

Sandra Kroll war Siebenkämpferin, Mariama Jamanka warf den Hammer. Beide entschieden sich für den Bob

Noch fährt Schneiderheinze aber. Und deshalb begibt sich Langen auf Ursachenforschung: „Natürlich müsste die Schneidi weiter vorne sein. Speziell auf unseren Heimbahnen Winterberg und Königssee, die ihr liegen. Aber daläuft’s momentan nicht.“

In dieser Woche wird ihr Schlitten komplett zerlegt. Möglicherweise ist der krumm. Trotzdem machen sich die Trainer nichts vor. „Wir sind in einer Umbruchphase“, gibt Langen zu. Diese wird jedoch über die Olympischen Spiele 2018 in Pyeongchang hinaus gehen. „Die Frauenmannschaft, die jetzt hintendran kommt, sind alles noch junge Frauen, die mehrere Olympiazyklen noch vor sich haben“, sagt Langen. Ihre Namen: Sandra Kroll, Mariama Jamanka, Stefanie Schneider, Kim Kalicki und Anna Köhler.

Premierenserie für die Sportsoldatin

Kroll hat gerade einmal drei Weltcup-Rennen bestritten, Jamanka gab am Königssee ihr Debüt in der Weltserie. Beide sind typische Vertreterinnen der neuen Fahrerinnengeneration, denn beide haben als Leichtathletinnen begonnen. Kroll wurde in der Jugend sogar Österreichische Staatsmeisterin im Siebenkampf, Jamanka warf den Hammer. „Für die Deutschen Meisterschaftenhat’s immer gereicht, für den Endkampf nie“, sagt die Berlinerin, die eine Bestmarke von etwa 50 Metern hat.

Die Idee zum Wechsel vor zwei Jahren kam von ihrem Trainer Klaus Hafner. Nach zwei Jahren an der Bremse versuchte sich 23-Jährige, die mittlerweile in Oberhof lebt, dann an den Steuerseilen. „Mariama hat Talent, sie hat unheimlich viel Fahrgefühl“, sagt Chefcoach Langen.

In den kommenden Wochen folgen Schlag auf Schlag Premieren für die junge Pilotin. Anfang des kommenden Jahres wird sie in Lake Placid ihr erstes Rennen außerhalb Deutschlands bestreiten. Auch der Start bei den WM in Igls dürfte fix sein. „Das wird aufregend“, sagt die Sportsoldatin, die von den Trainern als sehr ruhiger Typ charakterisiert wird. Doch die Frau, deren Vater aus Gambia stammt, bezeichnet sich selbst als Adrenalin-Junkie.

Noch eine Generation jünger als Jamanka, Kroll, Schneider und Köhler ist Kim Kalicki. Die Wiesbadenerin ist gerade mal 18 Jahre alt. Beim Anschubtest schaffte sie 5,16 Sekunden – so schnell war noch keine deutsche Anschieberin zuvor. Und deshalb verspricht Trainer René Spies: „Bis 2022 werden wir eine richtig gute, athletisch starke Truppe beisammen haben.“

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