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FrauenprojekteHelferinnen brauchen Hilfe

Beratungsstellen betreuen eine steigende Zahl von Frauen, die zum Beispiel vergewaltigt oder verprügelt wurden. Die Beraterinnen sind überlastet und brauchen mehr Ressourcen. Doch ihre Budgets werden vom Senat nicht erhöht, sondern zum Teil sogar gekürzt.

Frauenprojekte helfen, dass es so weit nicht kommt. Bild: elward photography/CreativeCommons BY 2.0 US (Szene nachgestellt)

Das Telefon klingelt. "Lara Krisen- und Beratungszentrum, Carola Klein, guten Tag", meldet sich Carola Klein. Die Frau am anderen Ende der Leitung druckst herum. "Ich habe Ihre Nummer von der Polizei bekommen", beginnt sie. Am Wochenende sei "etwas passiert" und jetzt gehe es ihr schlecht. "Sind Sie in Sicherheit?", fragt Klein.

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Die Stimme der Anruferin zittert. Sie findet nicht die richtigen Worte. Sie ist vor zwei Tagen vergewaltigt worden, von einem Bekannten in ihrer Wohnung. Sie schämt sich dafür. Sie hat Angst, auf die Straße zu gehen. Sie hat Angst vor den Fragen der Polizei. Angst, dass sie sich nicht mehr an alles erinnert. Angst, dass man ihr nicht glaubt. Sie weiß nicht, was jetzt wird. Aus ihr, aus ihrem Leben, aus dem Vergewaltiger. "Wir bieten kostenlose und anonyme Beratung", erklärt Klein der Anruferin. "Wenn Sie mögen, können Sie vorbeikommen und sehen, ob Sie sich hier wohl fühlen", sagt Klein. Die Anruferin ist einverstanden. Klein schaut in ihren Kalender. Doch der nächste freie Termin ist erst in drei Wochen.

Eigentlich würden die Beraterinnen bei Lara gerne allen Frauen sofort oder innerhalb von wenigen Tagen helfen. Doch die Beratungsstelle wird regelrecht überlaufen. Kamen im Jahr 2007 noch 587 Betroffene, so waren es 2008 bereits 780 - ein Anstieg von 33 Prozent. Seit 2001 hat sich die Zahl der persönlichen Beratungen fast verdoppelt. Zugleich sank der Senatszuschuss um 5 Prozent. Anderen Frauenprojekten geht es ähnlich. Die Helferinnen rufen nun selbst um Hilfe.

"Wir können unsere Standards nicht mehr einhalten", sagt die Lara-Beraterin Doris Rümelin. "Wir können das nicht mehr auffangen", sagt Dörte Gregorschewski vom Netzwerk behinderter Frauen. "Leider wurde das Unterstützungsnetz in den letzten Jahren extrem ausgedünnt", sagt Ute Einicke vom Frieda Frauenzentrum. "Wir können den Beratungsbedarf nicht mehr decken", sagt Iris Hölling, Geschäftsführerin von Wildwasser. Eine sichere Erklärung dafür, warum die Beratungsstellen so gestürmt werden, haben die Beraterinnen selbst nicht. Wildwasser zum Beispiel wendet sich hauptsächlich an Frauen, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht wurden. Das Erlebnis liegt also schon viele Jahre zurück. Warum nimmt die Zahl der Frauen zu, bei denen die Erinnerung jetzt wieder hochkommt?

Ein möglicher Ansatz ist, dass das gesellschaftliche Klima rauer geworden ist. Martina Hävernick von Wildwasser sagt: "Wenn ich erlebt habe, dass ich einem Missbrauch ausgeliefert bin, und das Gefühl wieder erlebe, wenn ich vor einem Chef oder Sachbearbeiter sitze, dann setzt das alte Mechanismen in Gang."

Die Gesellschaft erwartet, dass ihre Mitglieder funktionieren. Die Rücksicht gegenüber Schwächeren nimmt ab. Zudem sind Hilfsangebote des Staates stärker standardisiert. Bei den Jobcentern sind etwa - anders als bei den Sozialämtern früher - die Mitarbeiter kaum noch direkt erreichbar und es gibt weniger Spielraum für individuelle Entscheidungen.

Das kann traumatische Erlebnisse wieder hervorholen. Lara-Mitarbeiterin Doris Rümelin erklärt: "Sexualisierte Gewalt hat viel mit dem Erleben von Hilflosigkeit und Kontrollverlust zu tun. Diese Gefühle werden wieder aktiviert, wenn Ämter undurchsichtig agieren, nicht erreichbar sind - eben wenn die Möglichkeit, die eigene Lage zu verbessern, vom Amt abhängt."

Und es kommen nicht nur immer mehr Frauen in die Beratungen - sondern sie brauchen auch intensivere Betreuung. "Früher kamen Frauen oft, wenn sie sich einsam fühlten", sagt Ute Einicke vom Frieda Frauenzentrum. Heute bringen sie ein Bündel an Problemen mit: "Zur Scheidung kommen finanzielle Probleme. Und oft auch Streite ums Sorgerecht. Das Jobcenter will die veränderten Familienverhältnisse wissen. Und plötzlich ist die Wohnung zu groß, sagt das Amt. Das Kind verkraftet die Trennung nicht und macht in der Schule Probleme."

Auch Dörte Gregorschewski vom Netzwerk behinderter Frauen stellt fest: "Die Probleme haben sich verändert. Es geht nicht nur um Behinderung, sondern um Existenzsicherung, um Isolation, um Probleme mit Ämtern." Die Frauen bräuchten eigentlich Begleitung. Aber: "Das können wir nicht leisten." So geht es auch Karin Wieners vom Vierten Frauenhaus: "Es wäre irrsinnig wichtig, viel mehr Frauen auf die Ämter zu begleiten und sie dabei zu stärken, sich zu wehren. Doch dafür gibt es keine Ressourcen."

Unter der Situation leiden auch die Mitarbeiterinnen. "Das schafft man doch alles nur, wenn man sich selber ausbeutet", sagt Gregorschewski. Auch Iris Hölling von Wildwasser spricht von einer "unglaublichen Belastung für die Mitarbeiterinnen".

Im Senat ist Harald Wolf (Linkspartei) für Frauen zuständig. Am Freitag hat er den Berliner Frauenpreis an Sibylle Rothkegel verliehen. Wolf lobte sie als "unermüdliche Kämpferin für die psychologische Betreuung von Folteropfern". Sie habe sich "seit Jahrzehnten für die Unterstützung von traumatisierten Migrantinnen und Migranten eingesetzt", die "quälenden Folgen durch Vergewaltigung und Folter bei den betroffenen Frauen engagiert benannt" und sich "maßgeblich am Aufbau des Behandlungszentrums für Folteropfer beteiligt". Das Zentrum finanziert sich zur Hälfte über Zuschüsse der Bundesregierung, der EU-Kommission und der UNO. Die andere Hälfte kommt von privaten Spendern. Geld vom Senat gibt es nicht.

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1 Kommentar

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  • RK
    Rudi K.

    die Finanzprobleme könnten ganz einfach gelöst werden- wir führen den Männer_Euro ein.

    Jedem Mann werden pro Monat 1 Euro abgezogen, der an Fraueneinrichtungen geht.

     

    Damit hätten wir dem Verursacherprinzip Rechnung getragen und die Einrichtungen könnten ihre Arbeit vernüftig machen.

     

    Gegen den Solidaritätszuschlag hat ja auch niemand wiedersprochen.