Frauenfinale der Australian Open: Wirklich ein neues Niveau
Premiere im Frauenfinale: Aryna Sebalenka gewann bei den Australian Open ihren ersten Grand Slam. Wimbledon-Siegerin Rybakina war die Unterlegene.
Sie liebt das Schrille, das Extrovertierte: Aryna Sabalenka ließ sich am Tag nach dem größten Sieg ihrer Karriere mit dem Siegerpokal der Australian Open in den Armen in einem auffällig verzierten rosa Kleid und in blauen Stöckelschuhen ablichten. Diese obligatorischen Siegerfotos, in Melbourne werden sie jedes Jahr mit den Champions im Royal Botanic Gardens Victoria geschossen, sind für die Hauptpersonen eigentlich immer ein bisschen lästig. Jedenfalls für die meisten Tennisprofis. Aber nicht so für Sabalenka. Die laute Belarussin, die als neutrale Athletin in Australien angetreten war, genoss die Show. Sie posierte geradezu für die Fotografenschar. Für ein Motiv legte sie sich lasziv in eine Gondel, die am Ufer des Yarra-Rivers auf sie wartete. Inklusive Gondoliere.
Willkommen in der Welt von Aryna Sabalenka. „Ich mag das Posieren – besonders als Grand-Slam-Champion. Es ist der beste Morgen meines Lebens“, sagte die Belarussin am Sonntagmorgen australischer Zeit freudestrahlend: „Ich fühle mich immer noch wie auf einem anderen Planeten.“
Zum ersten Mal hat die 24-Jährige eines der großen vier Grand-Slam-Turniere gewonnen. Das Finale gegen Jelena Rybakina aus Kasachstan war eines der besten Frauen-Spiele seit Jahren. In drei hochklassigen Sätzen demonstrierten beide Athletinnen wirklich ein neues Niveau. Einerseits, weil die Schlaghärte so enorm war, andererseits weil sowohl Sabalenka als auch Rybakina eine ungeheure mentale Resilienz an den Tag legten.
Dass es am Ende eine Siegerin geben musste, war eigentlich schade. Die Belarussin gewann schließlich mit 4:6, 6:3 und 6:4. Um Nuancen war sie besser. Zum Beispiel in der Anzahl der „Winner“. Sage und schreibe 51 dieser bei Tennisprofis so beliebten frei erzielten Punkte erzielte sie. Dazu kamen 17 Asse. Das sind die Werte eines Grand-Slam-Champions. Hinzu kam bei Sabalenka eine große Portion Willenskraft. Sie arbeitete sich in das Finale hinein, brüllte auch mal laut auf dem Court, Sabalenka ist eine Emotionsspielerin. Kein Zufall, dass sie sich auf den linken Unterarm einen Tigerkopf tätowiert hat.
Ganz anders Rybakina, die immer ruhig und besonnen rüberkommt. Im Spiel hatte sie aber mehr zu bieten. Die 23-Jährige zeigte mal ihren guten Touch und rückte ans Netz vor. Eigentlich ist sie als Spielerin variabler als Sabalenka. Im Endspiel von Melbourne war das aber nur in den ersten anderthalb Sätzen zu beobachten. Rybakina war immer auf die schnellen Punkte aus. Das klappte lange gut, aber mit der Zeit hatte ihre Gegnerin vor allem wirkungsvollere Antworten auf die Aufschläge der Wimbledon-Siegerin.
64 Prozent ihrer ersten Aufschläge waren für Sabalenka im ersten Satz nicht zu returnieren. Die Quote sank aber immer mehr. Es entwickelten sich dadurch längere Ballwechsel. Die Belarussin war darauf besser eingestellt. Sie wirkte am Ende körperlich fitter, kratzte viele Bälle aus den Ecken und hielt die Rallys dadurch offen. Nicht selten beendete Sabalenka diese mit ihrer Vorhand und druckvollen Schlägen die Linie entlang. Als sie endlich ihren vierten Matchball verwandeln konnte, sank sie auf den blauen Hardcourt-Boden in der Rod-Laver-Arena und hielt sich ungläubig beide Hände vor ihr Gesicht. Sie weinte und schien ihr Glück kaum fassen zu können. Dann sammelte sie sich kurz, erhob sich und ging ganz langsam und immer noch kopfschüttelnd zum Handshake ans Netz.
Außer über den ersten großen Titel und das Preisgeld von umgerechnet rund 1,95 Millionen Euro darf sich Sabalenka jetzt auch über den Aufstieg auf Platz zwei der Weltrangliste freuen. Ganz vorn thront immer noch die Polin Iga Swiatek, die hier in Melbourne schon im Achtelfinale ausgeschieden war. Ein Major-Turnier zu gewinnen sei „nicht das letzte Ziel auf meiner Liste“, kündigte Sabalenka nach dem Finale schon mal an. Danach nippte sie in der Pressekonferenz an einem Glas Champagner. „Das ist ein Guter, das wird noch lustig heute“, sagte sie noch.
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