Frauen in Manager-Posten: Von den Männern weggebissen
Männer in Topjobs wollen Frauen neben sich kaum zulassen. Das zeigt eine Studie. Sie rät daher zur Quote. Am Freitag debattiert der Bundestag einen Grünen-Vorschlag.
Frauen sind selber schuld. Sie kämpfen nicht genug und machen zu viel Wind um ihre Familie. Deswegen schaffen sie es nur selten bis ganz nach oben. So argumentieren häufig - Männer. Jetzt zeigt eine Studie des Deutschen Juristinnenbundes (djb), dass diese männliche Sicht auf ein scheinbar weibliches Thema eher einem Tunnelblick gleicht als einer fundierten Analyse.
Es sind Männer in Führungspositionen, die Frauen neben sich kaum zulassen. "Tradierte, von Männern geprägte Strukturen" und "Mentalitätsmuster bei Männern im Management" führen dazu, dass "Frauen bei Auswahlprozessen von Führungskräften benachteiligt werden", heißt es in der Studie, die am Mittwochabend vorgestellt wurde und der taz vorlag. Die "Old-Boys-Netzwerke" sorgen dafür, dass Männer im Management unter sich bleiben.
Auch die These, dass Frauen nicht qualifiziert genug seien für Topjobs, wird mit der Untersuchung widerlegt. Dieser männlichen Ignoranz, empfiehlt der djb, könne nur mit einem Mittel begegnet werden: der Quote.
Dass Quoten Unternehmen zu mehr wirtschaftlichem Erfolg verhelfen, zeigt das "Experiment Norwegen": Seit 2006 dort die Quote für Aufsichtsräte eingeführt und 2008 erfüllt wurde, weisen Unternehmen eine höhere Produktivität auf.
Jetzt ziehen Spanien, Frankreich, Schweden, Island und die Niederlande nach. Deutschland gilt als "Spätzünder". Hierzulande gelten eine Berichtspflicht und ein Kodex für börsennotierte Unternehmen: Sie müssen offenlegen, wie hoch der Frauenanteil in Spitzenpositionen ist. Und sie sollen dafür sorgen, dass Frauen in Toppositionen "angemessen berücksichtigt und gefördert" werden.
Doch ohne gesetzlichen Druck passiert fast nichts. Bis auf die Telekom, die sich im Frühjahr selbst eine 30-Prozent-Quote verordnete, lassen große Firmen selten Frauen an ihre Spitze. Laut Deutschem Institut für Wirtschaftsforschung sind von 833 Vorständen der 200 größten deutschen Unternehmen nur 21 Frauen, die Frauenquote bei Aufsichtsräten beträgt 10 Prozent.
Die Zahlen sind lange bekannt. Der djb-Untersuchung dienten die quantitativen Daten deshalb auch nur als Ausgangsbasis. Stattdessen interessierten qualitative Fragen: Woran liegt es, dass Frauen immer wieder an der gläsernen Decke scheitern? Sind Frauen tatsächlich schlechter qualifiziert für Spitzenpositionen? Was tun Unternehmen konkret, um Frauen zu fördern?
Von Januar bis Juli besuchten die djb-Juristinnen über 70 Hauptversammlungen großer deutscher börsennotierter Aktiengesellschaften. Dabei kam ihnen zugute, dass sie oft selbst Aktionärinnen sind und dadurch ein Auskunftsrecht haben. Ihnen mussten also alle Fragen beantwortet werden.
Heraus kam, was bei Gleichstellungs- und Familienfragen inzwischen ein geflügeltes Wort ist: verbale Aufgeschlossenheit bei anhaltender Verhaltensstarre. "Die passive Haltung der Unternehmen hat mich überrascht", sagt djb-Rechtsanwältin Birgit Kersten.
Der Verband hat politische Unterstützung. Am Freitag wird der "Gesetzentwurf zur geschlechtergerechten Besetzung von Aufsichtsräten" der Grünen im Bundestag besprochen. Die Oppositionspartei fordert, dass ab 2015 mindestens 30 Prozent der Aufsichtsräte und Vorstände in börsennotierten Unternehmen Frauen sein müssen.
Nachdem Fraktionschefin Renate Künast im Oktober die Idee vorgestellt hatte, regte sich Widerstand in den eigenen Reihen. Der Antrag sei mutlos, kritisierte damals der Parteirat der Grünen Niedersachsen. Und forderte eine Quote von 50 Prozent.
Der grüne Antrag wird keinen Zuspruch in der Regierung finden. Schon im März hatte Schwarz-Gelb einen grünen Quoten-Antrag abgeschmettert. Frauenministerin Kristina Schröder (CDU) lehnt Quoten generell ab. Für Dorothee Bär, frauenpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, bedeuten sie die "Ultima Ratio". Renate Künast ficht das nicht an. Sie sagt: "Steter Tropfen höhlt den Stein."
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