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Frauen-Notunterkunf wird verkleinertFrauen auf der Straße

Eine Unterkunft für psychisch belastete Frauen in Hamburg-Altona muss 30 Plätze streichen.

Notunterkunft in Hamburg wird verkleinert: Betroffene werden im Unklaren gelassen, was mit ihnen passiere, so die Kritik Foto: Marijan Murat/dpa

Hamburg taz | Ende November sprach eine Bewohnerin der Notunterkunft in der Hamburger Notkestraße in der Beratungsstelle der Solidarischen Psychosozialen Hilfe in Hamburg (SPSH) vor. Der Frau sei Ende Oktober mitgeteilt worden, dass die Einrichtung renoviert werde und nicht alle Bewohnerinnen wieder zurück könnten, berichtet SPSH-Psychologin Renate Schumak. Die Frauen wüssten nicht, wohin sie können.

In der Wohnanlage Notkestraße in Hamburg-Bahrenfeld gibt es verteilt auf zwei Gebäude derzeit 100 Plätze für Frauen, die psychisch hoch belastet und schwer in Wohnraum zu vermitteln sind. Hamburgs Sozialbehörde räumt ein, dass dort 30 Plätze abgebaut werden sollen. „Der Standort soll inhaltlich weiterentwickelt werden, um den Bedarfen dieser Frauen besser gerecht zu werden“, so Sprecher Wolfgang Arnhold.

Er verweist auf den Koalitionsvertrag von Rot-Grün, in dem vereinbart wurde, psychisch erkrankte wohnungslose Menschen besser zu versorgen. Dafür solle es für 50 Männer einen Standort geben, der in Bergedorf bereits existiert, und einen für Frauen. „Herzstück“ sei, den Bewohnerinnen auch eine ärztliche psychiatrische Behandlung vor Ort und zu bieten und eng mit der Suchthilfe zu kooperieren. Das Konzept sehe auch tagesstrukturierende Beschäftigung und Überleitung in die Regelversorgung des Gesundheitssystems vor.

Es ist eine Zielgruppe, die besonders verletzlich ist

Renate Schumak, Psychologin, Beratungsstelle der Solidarischen Psychosozialen Hilfe in Hamburg

Doch für die Umsetzung müsste umgebaut werden, man brauche etwa Praxisräume und mehr Einzelzimmer, sagt Arnhold. Deshalb sei geplant, dass es in einem Gebäude 41 Plätze für psychisch erkrankte Bewohnerinnen gibt. Im Nachbarhaus sollen 29 „Lebensplätze für Frauen“ entstehen, die nicht mehr im eigenen Wohnraum leben können.

Die Frauen wissen nicht, was mit ihnen passiert

„Nicht alle heutigen Bewohnerinnen können am Standort bleiben“, so Arnhold. Da zuletzt 88 Plätze besetzt waren, geht es um 18 Frauen. Die Umzüge sollen vom städtischen Träger Fördern & Wohnen (F&W) „eng begleitet“ werden, eine Verlegungsplanung werde noch entworfen.

Schumak nennt das Vorgehen „unsensibel und eigentlich nicht tragbar“. Denn die Frauen werden ihres Wissens im Unklaren gelassen, was mit ihnen passiere. „Es ist eine Zielgruppe, die besonders verletzlich ist.“ Sie lebten dort teils schon sehr lange und hätten „keine Perspektive auf dem Wohnungsmarkt“.

Die Sozialbehörde versichert indes, F&W habe mit allen Bewohnerinnen Gespräche geführt. Viele der Frauen seien zufrieden mit den für die Zukunft angebotenen Plätzen und strebten „keine Rückkehr in die Notkestraße an“. Die Frauen hätten auch äußern können, ob sie bestimmte andere Orte wünschen, etwa nahe ihrer Verwandten. Man bemühe sich, solche Wünsche zu berücksichtigen, „immer abhängig davon, ob es entsprechende Plätze gibt“.

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4 Kommentare

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  • Die Aussage der Sozialbehörde überzeugt mich nicht. Einige Bewohnerinnen wohnen seit Jahrzehnten dort, und Bahrenfeld ist ihr gewohntes Lebensumfeld, ihr Stadtteil. Wohin bitte sollen die Frauen, die aus der Einrichtung ausziehen sollen, denn „verlegt“ werden, bei der momentanen schwierigen Situation für die Unterbringung von bedürftigen und psychisch kranken Menschen in dieser Stadt? Es ist gut, dass der Koalitionsvertrag vorsieht, psychisch erkrankte wohnungslose Menschen besser zu versorgen und ich verstehe, dass die nötigen Umbaumaßnahmen die Einrichtung verkleinern. Gleichzeitig wird in dem Stadtteil ein riesiges Areal für die zukünftige Science City erschlossen und bebaut, es entstehen tausende Wohnungen. Gibt es da keinen Platz für eine weitere Wohnunterkunft nach dem neuem Konzept? Der Bedarf ist schließlich hoch.

  • "Man bemühe sich, solche Wünsche zu berücksichtigen, „immer abhängig davon, ob es entsprechende Plätze gibt“. Na sowas!! Man BEMÜHT sich. Vielleicht erfüllt man mal seine Pflicht, anstatt "sich zu bemühen". Es ist leider immer wieder das Gleiche. Jede Menge Aufwand wird betrieben um irgendwelchen Firlefanz zu subventionieren (Flugbenzin, Dienstfahrzeuge, unnötige aber aufwändige Dienstreisen und dergl. mehr, viel mehr) doch für simpelste Hilfeleistungen an den Menschen, die es dringendst brauchen, da bemüht man sich. Grandios!! Es ist nur gut, dass wir nach den Prinzipien unserer "Werte" handeln - so sehen die nämlich aus....

  • Das neue Hamburg Altona. So kennt man es mittlerweile .

  • Neue Panzer braucht das Land. Da muss man schon mal auf soziale Themen verzichten. Zumindest scheint das ja dank Medienpropaganda der Konsens im Land zu sein. Kriegstüchtig ist wichtiger. Meine Meinung ist es nicht.