piwik no script img

Frauen-FußballbundesligaNordwest-Derby bleibt torlos

Werder Bremen und der SV Meppen trennen sich 0:0. Das hilft keinem von beiden im Abstiegskampf so richtig weiter.

Werders Lina Hausicke setzt sich im Zweikampf gegen Noreen Günnewig vom SV Meppen durch Foto: foto-2press/Imago

Der Zufall wollte es, dass die Bundesliga-Frauen von Werder Bremen einen Tag nach den Männerprofis ebenfalls einen großen Schritt Richtung Klassenerhalt hätte machen können. Mit dem SV Meppen reiste ein Gegner an, der dasselbe Ziel hatte – das mit dem Unentschieden dann aber beide nicht erreichten.

Die Bremerinnen hatten den Trend der vergangenen Woche auf ihrer Seite und gingen als Favoritinnen ins Spiel. Das Team von Trainer Thomas Horsch hatte nach einer verkorksten Hinrunde am Beginn der Winterpause noch auf einem Abstiegsplatz gestanden, belegt nach einer Leistungssteigerung mit vier Siegen aus sieben Spielen aktuell Platz acht in der Tabelle. Einen Platz besser stand der SV Meppen noch vor Weihnachten, blieb seit dem Neustart im Februar aber sieglos.

Strapaziöse Saison

„Man merkt den Mädels natürlich auch die Strapazen der Saison halt an. Und man merkt eben auch, dass viele Mädels, die aus unteren Klassen gekommen sind, dass sie das Niveau haben, aber dass der Körper sich einfach auch daran gewöhnen muss“, sagte Meppens sportliche Leiterin Maria Reisiger vor dem Spiel. „Am Anfang wirst du noch viel von Euphorie getragen. Und danach sagt der Körper irgendwann, was machst du hier mit mir? Ich stehe morgens um 6 Uhr auf und gehe abends um 23 Uhr total kaputt ins Bett.“

Diese Äußerungen zeigen, unter welchen Bedingungen die Emsländerinnen in der Bundesliga spielen: Dort sind sie so etwas wie das letzte Relikt der Frühgeschichte des Frauenfußballs, der in den Dörfern und kleineren Stadtvereinen groß geworden ist. Bis 2011 wurde der Frauenfußball im Emsland von der SV Viktoria Gersten dominiert, die nach zwei Regionalligameisterschaften 2004 zu den Gründungsmitgliedern der 2. Bundesliga zählten. In der Gemeinde Gersten leben ungefähr so viele Menschen, wie das Spiel gegen Werder nun Zu­schaue­r*in­nen hatte (1.142).

Um die stetig wachsenden Anforderungen in der 2. Bundesliga bewältigen zu können, trat die Frauenfußballabteilung zur Saison 2011 dem SV Meppen bei. „Geerntet, was Victoria Gersten 1976 säte“, schrieb die Neue Osnabrücker Zeitung damals. „Die Struktur war in Gersten nicht mehr gegeben“, sagt Maria Reisinger. Durch den Anschluss „konnten die Synergien mit dem Jugendleistungszentrum und der Herrenabteilung optimal genutzt werden“, so Reisinger, die als Elfjährige der SV Viktoria Gersten beitrat und zu der Zeit Trainerin war.

Liga mit Riesenunterschieden

Trotz dieses ersten Schrittes zur Professionalisierung bleibt es ein riesiger Unterschied, ob der Dachverein SV Meppen oder Bayern München, VfL Wolfsburg und Eintracht Frankfurt heißt. Letztere können mit ihren finanzstarken Investoren oder Sponsoren den professionellen Frauenfußball wesentlich effektiver fördern. Drei Millionen Euro betragen die Gesamtaufwendungen durchschnittlich pro Klub und Saison, das können sich nur Lizenzvereine leisten, die aus dem Männer-Spielbetrieb immer höhere Summen für die Frauen abzweigen. Auch Werder Bremen, das sich bei der Finanzierung des Frauenfußalls im Vergleich zu den genannten Klubs zurückhält, kann unter wesentlich professionelleren Bedingungen arbeiten als der SV Meppen.

Um die Mission Klassenerhalt im Gegensatz zur ersten Bundesliga-Saison 2020/2021 zum Erfolg zu führen, wurde die Niederländerin Carin Bakhuis als neue Trainerin verpflichtet. Zusätzlich kamen elf neue Spielerinnen an die Ems, eine Mischung aus Zugängen aus dem Ausland wie Anna Margraf aus Australien oder Milla Punsar aus Finnland, erfahrenen Spielerinnen und Eigengewächsen wie Kapitänin Sarah Schulte, Lisa-Marie Weiss und Nina Rolfes.

„Es ist gut, dass wir so viele Emsländerinnen halten können“, sagt Schulte, die von Beginn an beim SV Meppen spielt. „Lisa, Nina und ich wissen, wie der Verein tickt und können den neuen Spielerinnen helfen, sich schnell bei uns einzugewöhnen. Das ist eine unserer besonderen Stärken.“

Diese spielten sie besonders in der ersten Halbzeit überzeugend aus, in der sie die Bremerinnen mehrfach gefährlich auskonterten und lediglich an ihrer Abschlussschwäche scheiterten. In der 53. Minute wurde die Begegnung nach einem Wolkenbruch für zehn Minuten unterbrochen. Auf nassem Rasen passte sich das spielerische Niveau weiter dem Abstiegskampf an. Die Bremerinnen drückten zwar zunehmend auf das Siegtor, fanden im Angriff aber keine Lösungen dafür.

Auf den Tabellenzehnten aus Meppen warten mit dem MSV Duisburg und der SSG Köln zwei direkte Konkurrenten im Abstiegskampf. Werder Bremen, mit nun immer noch vier Punkten Vorsprung auf einen Abstiegsplatz, bekommt es in den anstehenden letzten vier Spielen hingegen nur noch mit Gegnerinnen aus dem Tabellenmittelfeld zu tun.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!