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Französischer Humorist DieudonnéTourneeauftakt verboten

Absage in letzter Minute: Der umstrittene Komiker Dieudonné durfte nun doch nicht auftreten. Das letzte Wort über den Rest der Tournee ist aber noch nicht gesprochen.

Er will sich nichts verbieten lassen: der Komiker Dieudonné Bild: dpa

PARIS afp | In letzter Minute ist ein Auftritt des wegen antisemitischer Äußerungen höchst umstrittenen französischen Komikers Dieudonné doch noch verboten worden. Frankreichs oberstes Verwaltungsgericht gab am Donnerstagabend den Behörden Recht, die einen Auftritt des 47-Jährigen in der westfranzösischen Stadt Nantes untersagt hatten. Innenminister Manuel Valls sprach von einem „Sieg für die Republik“, der „Kampf gegen diese widerliche Person“ werde weitergehen.

Der Staatsrat in Paris annullierte nur zwei Stunden vor dem geplanten Beginn der Veranstaltung eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Nantes, das am Nachmittag ein Auftrittsverbot per einstweiliger Verfügung außer Kraft gesetzt hatte. Richter Bernard Stirn erklärte, von der geplanten Veranstaltung gingen „schwere Risiken“ für die öffentliche Ordnung aus.

Das Verwaltungsgericht in Nantes hatte in seiner einstweiligen Verfügung erklärt, das Risiko einer Störung der öffentlichen Ordnung rechtfertigte nicht eine so „radikale Entscheidung wie das Verbot dieser Veranstaltung“. Es erklärte zudem, die Veranstaltung habe nicht „"hauptsächlich“ zum Ziel, „die Menschenwürde zu verletzen“.

Valls zog daraufhin umgehend vor den Staatsrat. Der Innenminister sieht in Dieudonnés Auftritten keine humoristischen Veranstaltungen, sondern politische Versammlungen, bei denen er antisemitische und rassistische Parolen verbreitet.

Sieg für den Innenminister

Die Debatte um Dieudonné hat in Frankreich in den vergangenen Tagen hohe Wellen geschlagen. Der bereits mehrfach wegen antisemitischer Äußerungen verurteilte Komiker hatte am Donnerstagabend in Nantes eine Frankreich-Tournee beginnen wollen. Die Entscheidung des Staatsrats, das Auftrittsverbot in Nantes zu bestätigen, ist ein Sieg für Innenminister Valls, der den örtlichen Behörden empfohlen hatte, die Veranstaltungen zu verbieten.

Valls sagte in einer ersten Reaktion auf die Entscheidung des Staatsrats, „Hass gegen den anderen, Rassismus, Antisemitismus“ dürften in Frankreich nicht toleriert werden. Regierungschef Jean-Marc Ayrault sagte, es dürfe keine Nachsicht gegenüber dem Antisemitismus gezeigt werden. Dieser sei entgegen der „Werte und Prinzipien“ Frankreichs.

Dieudonnés Auftritt in der 6300 Plätze fassenden Konzerthalle Zénith in Nantes war fast ausverkauft, zahlreiche Fans des Komikers hatten sich am frühen Abend dort versammelt. Sie reagierten mit Pfiffen und Buh-Rufen auf die Ankündigung, dass der Auftritt doch verboten wurde, und riefen „freie Meinungsäußerung“. Dieudonné selbst forderte seine Fans auf seiner Facebook-Seite auf, nach Hause zu gehen.

Die juristischen Auseinandersetzungen um Dieudonnés Auftritte werden nun aber weitergehen: Auftritte des Komikers in Tours am Freitag und Orléans am Samstag wurden ebenfalls verboten, wogegen Dieudonné gerichtlich vorgeht; Entscheidungen hierzu werden am Freitag erwartet. Die Entscheidung des Staatsrats vom Donnerstagabend betrifft nur das Auftrittsverbot in Nantes. Verwaltungsgerichte – der Staatsrat eingeschlossen – hatten in der Vergangenheit wiederholt Auftrittsverbote gegen Dieudonné kassiert.

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3 Kommentare

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  • statt die parole "antisemit!" (oder "nazi!") nachzubeten, scheint mir eher nötig, über http://www.counterpunch.org/2014/01/01/the-bete-noire-of-the-french-establishment/

    einen einstieg zu nehmen und sich anschließend mit der geschichte Kameruns zu beschäftigen.schließlich ist M'Bala nicht nur sohn einer bretonischen mutter sondern auch eines kamerunischen vaters. also nachfahre eines kolonialisierten, mandatierten, irgendwann (1960) wohlwollend in die unabhängigkeit entlassenen - und einer kolonisatrice.- ich könnte mir vorstellen, dass es frankreich verstört, wenn der sohn eines subalternen spricht.

  • Kunst oder Einschränkung der Meinungsfreiheit ?

     

    Wo hört Comedy oder Kabarett auf und wo fängt politische Hetze an ?

    Wo ist es Polemik eines Künstlers, als Anregung zum denken und ab wann ist die vermentliche Kunst ein Dekmantel unter dem sich politische Hetze und Dummheit zu verbergen sucht?

    Sind das wirklich so schwierige Fragen ?

    Kabarettisten ziehen eine menge Leute durch den Kakao. Sie machen sich lustig über Menschen und legen den Finger in offene Wunden. Sie greifen an, verhöhnen und verspotten andersdenkende. Oft sind es Politiker und deren Wähler, Kapitalisten, Banker, religiöse Fanatiker, Großindustrielle und wer weiß nicht wen noch. Wir kennen das alle aus den Medien.

    Wo ist also der Unterschied ?

    Für mich liegt der Unterschied in der Richtung aus der Spott, Hohn und Polemik kommt. Und damit meine ich nicht die politische Richtung.

    Ließe ich diese Form der Kritik nur aus einer Richtung z.B. von links gelten, wäre das wirklich eine Einschränkung der Meinungsfreiheit.

    Für mich ist es die Opfer- Täter- Verteilung, an der sich die Legitimation für Kritik in welcher Form auch immer, fest machen lässt. Damit will ich sagen, dass Spott, Kritik, Hohn oder Witz für mich nur dann eine Legitimation hat, wenn es die Täter, die stärkeren oder wie man sie auch immer nennen mag trifft. Keine Witze über Homosexuelle, sondern über Homophobe. Keine Witze über die Opfer des Holocaust sondern über Nazis. Keine Witze über irgendwelche Ethnien sondern über Rassisten. Keine Witze über die Armen in den Entwiklungsländern, sondern über deren Ausbeuter.

    Das ist die Kunst des Witzes, des Kabaretts oder der Comedy.

  • J
    Josef Švejk

    Der Artikel hält sich zurück mit einer Ausleuchtung des ideologischen Aktionsraumes dieses Akteures.

    Ist auch nicht einfach, mit dem Instrumentarium des deutschen "Kampf gegen Rechts" ist das kaum zu erfassen.

    Zu empfehlen:

    http://bazonline.ch/ausland/europa/Ein-Wirrkopf-als-Vorbote-einer-duesteren-Zukunft/story/27546336

    Auch der Artikel zu ihm in der dt. Wiki ist lesenswert.