Französische Partei Front National: Extreme Ideen nett verpacken
Der Front National will nicht mehr als rechtsextrem gelten und droht mit Klagen. So poliert die Vorsitzende Marine Le Pen weiterhin das Image der Partei.

PARIS taz | Was seit Jahrzehnten politischer Sprachgebrauch ist, möchte sich der Front National (FN) in Frankreich nun verbitten, notfalls per Gerichtsentscheid. Die Partei, die zu Beginn der 70er Jahre von Jean-Marie Le Pen aus verschiedenen Strömungen der rechtsradikalen Szene gebildet wurde, will nun nicht mehr „rechtsextrem“ genannt werden. Man versuche, diese legale Partei in einen Topf mit Nazis und Faschisten zu werfen und sie dadurch in Verruf zu bringen, meint die heutige Parteichefin und Tochter des FN-Gründers, Marine Le Pen.
Deshalb droht die FN-Chefin den Medien nun mit dem Gericht. Schon 1996 hatte der FN versucht, durch eine Klage gegen die Zeitung Le Monde die Bezeichnung „rechtsextrem“ für unzulässig erklären zu lassen. Die Klage wurde jedoch abgewiesen. Der Begriff „extrem“ stehe im Ermessen der Presse, lautete damals das Urteil.
In einigen Pariser Redaktionen schmunzelt man auch heute über diese plötzliche Empfindlichkeit einer Partei, die lange Zeit keinerlei Berührungsängste mit europäischen Neofaschisten und Rechtsradikalen gehabt hat. Man erinnert sich in Frankreich an Jean-Marie Le Pens antisemitische Äußerungen, seine geschmacklosen Witze über die Schoah oder auch an die Nostalgiker der Kollaboration mit dem „Dritten Reich“, die im FN eine politische Heimat fanden.
Das war früher, sagt Marine Le Pen. Ostentativ hat sie ein paar Heißsporne aus der Partei ausgeschlossen, die sich beim Hitlergruß fotografieren ließen oder in der Neonazi-Szene aufgefallen sind. Das Programm des FN ist nicht weniger radikal als zuvor, doch nach außen wollen die Rechtsextremisten nun respektabel erscheinen. Das kommt auch jenseits der FN-Stammwählerschaft an.
Ein Drittel Sympathisanten
Rund ein Drittel der Franzosen gibt offen zu, mit den Ideen dieser Partei übereinzustimmen. Die Mehrheit der Sympathisanten der bürgerlichen UMP meint, dass ein Wahlbündnis mit dem FN gegen die Linke nicht prinzipiell abzulehnen sei.
Im Unterschied zu ihrem Vater glaubt Marine Le Pen, dass sie über den Marsch durch die Institutionen an die Macht gelangen kann. Dafür möchte sie auch den allzu martialischen Namen „Front“ durch das weniger extrem klingende „Rassemblement Bleu Marine“ ersetzen. Für ihre Kritiker, die im FN seit jeher eine Gefahr für die Demokratie sehen, ändern solche Fassadenarbeiten am Haus der extremen Rechten jedoch gar nichts.
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