Franziska Giffey und die Wahl in Berlin: Ist es ihre letzte Wahl?

An der SPD Basis gibt es wenig Unterstützung für eine konservative Wende. Liegt die Partei am Sonntag auf Platz drei, könnte es eng werden für Giffey.

Franziska Giffey

Die Wahl am Sonntag entscheidet auch über das politische Schicksal von Franziska Giffey Foto: Christian Mang

BERLIN taz | Wenn zwei sich streiten, freut sich die Dritte. Nach der Wahl­arena im RBB-Fernsehen am Dienstagabend scheint ein hörbares Aufatmen durch die Reihen der SPD zu gehen. Bettina Jarasch und Kai Wegner mögen sich nicht mehr. Die SPD von Franziska Giffey ist damit eine ihrer größten Sorgen los: Denn eine Koalition von CDU und Grünen hätte, ein Scheitern der FDP an der Fünfprozenthürde vorausgesetzt, die SPD aus dem Spiel kicken können.

So aber bleiben die Sozialdemokraten drin und können sich nach Lage der Dinge freuen, dass ohne sie nichts geht. Entweder sie führen mit Franziska Giffey die nächste Koalition im Roten Rathaus an. Oder sie sind, falls am Ende die Grünen doch stärker sind, die Königsmacherinnen. Statt Grün-Rot-Rot dann eben Groko oder Deutschland-Koalition.

Viele in der SPD setzen deshalb nicht nur darauf, am Sonntag vor den Grünen einzulaufen. Sie beschwören auch das Mantra, sich alle Optionen offenzuhalten. Insbesondere die mit der FDP, heißt es zum Beispiel in Treptow-Köpenick. Dort, so ist zu hören, arbeite man auf kommunaler Ebene gut mit den Liberalen zusammen. Und auch auf Landesebene sei ein solches Bündnis möglich. Nach jüngsten Umfragen kommt eine Ampelkoalition derzeit auf 45,4 Prozent der Stimmen. Das ist zwar weit weg von der absoluten Mehrheit von 50 Prozent, aber auch nicht völlig ausgeschlossen.

Hoffen auf die FDP

Franziska Giffey jedenfalls hat bereits angedeutet, dass sie der FDP die Daumen drückt. In einem Interview mit dem Tagesspiegel hatte sie gesagt: „Ich halte es für elementar, dass die FDP im Parlament als liberale Kraft für Ausgleich sorgt.“ Allerdings hätte eine Ampel, so sie rechnerisch möglich wäre, eine wohl deutlich geringere Mehrheit im Abgeordnetenhaus als eine Fortsetzung von Rot-Grün-Rot. Aber auch das müsse kein Hinderungsgrund sein, heißt es aus dem SPD-Kreisverband Treptow-Köpenick. Entscheidend sei die Zusammensetzung der Fraktionen und das Vertrauen der handelnden Personen.

Rot-Grün-Rot oder Ampel? Ein wenig erinnert das an die Sondierungsgespräche nach der Wahl vom September 2021. Giffey wollte mit der FDP, die SPD-Basis mit der Linkspartei. Wäre Giffey nicht auf Rot-Grün-Rot umgeschwenkt, hätte sie auf einem Parteitag womöglich eine Niederlage einstecken müssen. Denn die mitgliederstarken Kreisverbände wie Mitte, Tempelhof-Schöneberg und Charlottenburg-Wilmersdorf waren mehrheitlich für eine Koalition mit der Linken. Ostkreise wie Treptow-Köpenick, die eher eine Ampel bevorzugt hätten, hätten unter den Parteitagsdelegierten wohl keine Mehrheit zusammenbekommen.

Auch diesmal scheint sich die Stimmungslage an der Basis wieder in dieselbe Richtung zu entwickeln. Die meisten Schnittmengen, hört man aus dem Kreisverband Mitte, gebe es mit Grünen und Linken. „Die gibt es mit der FDP nicht und erst recht nicht mit der CDU“, sagt ein Funktionär der taz. „Dazu ist die Berliner CDU noch viel zu weit entfernt von der CDU eines Daniel Günther in Schleswig-Holstein.“

In anderen Bezirken ist die Stimmung nicht ganz so eindeutig. In Pankow zum Beispiel erinnert ein Genosse daran, wie gut die Zusammenarbeit zwischen Raed Saleh und Florian Graf gewesen sei. Von 2011 bis 2016 hat der SPD-Fraktionschef eng mit seinem Kollegen aus der CDU zusammengearbeitet. Daran hat Saleh zuletzt im Interview mit der taz erinnert. Und er sagte auch: „Es ist nicht immer leicht mit Linken und Grünen.“

Regierende Bürgermeisterin und Königsmacherin zugleich wird Franziska Giffey aber nur, wenn die FDP tatsächlich wieder ins Abgeordnetenhaus einzieht und es für eine knappe Mehrheit für die Ampel reicht. Fällt die Ampel aus, stehen die Zeichen eindeutig auf einer Fortsetzung des bisherigen Bündnisses mit Grünen und Linken.

Raed Saleh lauert

Und was, wenn die SPD am Sonntag hinter den Grünen liegen sollte? Wird die Partei dann Juniorpartnerin der Grünen, oder strebt Franziska Giffey lieber eine Koalition mit der CDU an? Aus dem Kreisverband Tempelhof-Schöneberg heißt es dazu, dass Franziska Giffey bei einer krachenden Niederlage nicht unbedingt ein Mandat habe, darüber noch zu entscheiden. „Das müsste dann auf einem Parteitag diskutiert werden“, sagt ein SPD-Mann der taz. Das wäre dann das politische Aus von Franziska Giffey nicht nur als Regierende, sondern auch als Co-Landesvorsitzende der SPD. Der neue starke Mann könnte in diesem Fall wieder ihr bisheriger Co-Vorsitzender und Fraktionschef Raed Saleh sein.

An eine Große Koalition mit dem potenziellen Wahlsieger CDU glaubt man in Tempelhof-Schönefeld allerdings nicht und auch nicht an eine Ampel. Stattdessen verweist man auf die letzten Beschlüsse der Partei zur A100 und zum Volksentscheid zu Deutsche Wohnen enteignen. In beiden Fällen gab es auf dem Landesparteitag eine Mehrheit gegen Giffey.

Ähnlich sehen das die Genossinnen und Genossen aus Mitte. „Ein Bündnis mit der CDU hat nicht viele Freunde“, sagt ein Sozialdemokrat.

Gut möglich also, dass auch nach dem 12. Februar alles beim Alten bleibt. Nur vielleicht mit den Grünen im Roten Rathaus. Und Franziska Giffey auf Job­suche.

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