Frankreichs Regierungschef Manuel Valls: Antrittsexamen bestanden

Erstmals hat sich Frankreichs neuer Premier Valls dem Parlament vorgestellt. Die Vertrauensabstimmung gewann er mit Leichtigkeit.

Regieren ist für ihn Vertrauenssache: Manuel Valls am Dienstag in der französischen Nationalversammlung. Bild: reuters

PARIS taz | Der neue französische Premierminister Manuel Valls hat sein Antrittsexamen vor dem Parlament bestanden. Für seine rhetorisch gelungene Regierungserklärung am Dienstag erhielt der Sozialist nicht nur vom eigenen Lager, sondern auch in den Medien mehrheitlich Zustimmung.

„Wahrheit, Effizienz und Beruhigung waren die Schlüsselbegriffe in der Rede von Valls, den man gern beim Wort nehmen möchte“, meint beispielsweise die katholische Tageszeitung La Croix. Valls habe bei seiner kniffligen Übung den richtigen Ton gefunden, meint das Wirtschaftsblatt Les Echos. „Inhaltlich ist seine Antwort auch nicht gerade schüchtern. Sie beeindruckt durch klare und konkrete Entscheidungen und Ideen.“

In einer Abstimmung am Dienstagabend sprachen ihm 306 Abgeordnete ihr Vertrauen aus, 239 stimmten dagegen, wobei neben der bürgerlichen Opposition auch die Linksfront (Linkspartei und Kommunisten) Valls geschlossen ihre Zustimmung verweigerte. Der Stimme enthielten sich elf Sozialisten des linken Parteiflügels, denen Parteikollege Valls mit seiner Sparpolitik zu sozialliberal ist.

Dass hingegen die meisten grünen Abgeordneten von Europe-Ecologie-Les Verts (EELV) für seine Absichtserklärung votierten, kann der Premierminister als wichtigen Anfangserfolg verbuchen. Die Parteileitung von EELV hatte beschlossen, sich nicht mehr an der Regierung zu beteiligen, obwohl Valls ihr ein Super-Umwelt- und Energieministerium angeboten hatte.

Sozialisten seien „regierungsunfähig“

Für den neuen Regierungschef, auf den sehr schwere Aufgaben warten, ist es von Bedeutung, seine Arbeit nicht mit der Zitterpartie einer hauchdünnen Mehrheit beginnen zu müssen. Denn der Beifall für seine Rede wird nicht lange hinhalten. Valls weiß und sagt, dass Vertrauen Mangelware ist in Frankreich.

„Viel Leiden und wenig Hoffnung", lautete einleitend seine Diagnose der wenig erfreulichen Gemütslage der Nation. Für diesen Zustand, die akkumulierten Probleme und Defizite macht Valls gleichermaßen linke und rechte Regierungen der letzten dreißig Jahre verantwortlich.

Ohne so recht daran zu glauben, bot er der Opposition eine loyale und solidarische Zusammenarbeit im Interesse des Landes an. Seine Skepsis wurde denn auch vom UMP-Fraktionssprecher Christian Jacob bestätigt, der die Sozialisten kurzerhand für „regierungsunfähig“ erklärte.

Da Valls eigentlich nur eine von Präsident François Hollande vorgezeichnete Linie umsetzen soll, war es eine Überraschung, dass er eine Reform für eine tiefgreifende territoriale Neuordnung vorschlug: Die Zahl der heute 22 Regionen soll halbiert werden. Längerfristig sollen die bisherigen Departementsräte und womöglich die aus Napoleons Zeiten stammenden Departements selber verschwinden. Das Ziel ist es, die Zuständigkeiten zu klären, administrative Doubletten zu streichen und so Kosten zu sparen.

Noch vor dem Sommer soll ein ebenfalls ehrgeiziges Gesetz zur Energiewende verabschiedet werden. An Hollandes Sparplänen hält Valls mit der Ankündigung einer Reduktion der öffentlichen Ausgaben um 50 Milliarden in drei Jahren unvermindert fest. Zugleich aber möchte er den Unternehmen und den Haushalten mit bescheidenem Einkommen mit Steuererleichterungen im Umfang von 38 Milliarden entgegen kommen.

Erst mit 20 Jahren eingebürgert

Besonders beachtet und kommentiert wird jedoch der patriotische Elan des Premiers. Mit bebender Stimme erklärte der geborene Katalane, der im Alter von 20 Jahren erst Franzose wurde, wie sehr er diese „Republik der Toleranz und der Solidarität“ liebe. Es gebe ja nicht viele Länder, in denen ein im Ausland geborener Bürger höchste Ämter bekleiden könne.

Sein Kabinett mit 16 Ministern und Ministerinnen wurde am Mittwoch durch ein Dutzend StaatssekretärInnen ergänzt. Auch im Elysée-Palast gab es noch einen wichtigen Wechsel. Neuer Generalsekretär, und damit rechte Hand und Faktotum von Hollande, ist der über Frankreich hinaus bekannte Jean-Pierre Jouyet.

Jouyet ist einer der engsten Freunde des Präsidenten, war aber auch unter dessen Vorgänger zeitweilig Staatssekretär für die EU, danach Vorsitzender der Börsenaufsicht und zuletzt Chef der staatlichen Investitionsbank BPI. Vor der Nominierung von Valls galt Jouyet als möglicher Kandidat für den Posten des Regierungschefs. Auch als Finanz- und Wirtschaftsminister war er im Gespräch. Als „graue Eminenz“ im Elysée hat ihm Hollande nun eine andere Schlüsselposition anvertraut.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.