piwik no script img

Frankreichs Pendant zu #MeTooKlage gegen Hashtag-Begründerin

Sandra Muller hatte #BalanceTonPorc mitbegründet – zu deutsch etwa „Prangere dein Schwein an“. Nun wehrt sich ein Angeprangerter vor Gericht.

Auch in Marseille gingen Frauen im Herbst 2017 gegen Gewalt und sexuelle Belästigung auf die Straße Foto: reuters

Paris taz | „Prangere dein Schwein an“ – so in etwa würde man den französischen Hashtag #BalanceTonPorc übersetzen. Die in den USA lebende Journalistin Sandra Muller hatte den Hashtag nach dem Vorbild der #MeToo-Twitterkampagne gegen sexuelle Gewalt und Belästigung lanciert. Nun schlägt ein Angeprangerter zurück: Eric Brion, Exdirektor des Sport-TV-Senders Equidia, hat eine Verleumdungsklage gegen die Französin eingereicht.

Muller hatte Brion Mitte Oktober online beschuldigt, sie in sexuell herabwürdigender oder eben „schweinischer“ Weise beschimpft zu haben. Nun verlangt er 50.000 Euro Schadenersatz sowie eine Veröffentlichung des Gerichtsentscheids als „Richtigstellung“.

Für Muller kommt das wohl überraschend: In einer ersten Stellungnahme in der französischen Tageszeitung Le Monde hatte sich Brion immerhin bei ihr entschuldigt, auch wenn er den Vorfall zu relativieren versuchte: Er habe ein einziges Mal, nach viel Alkohol bei einem Cocktail, gegenüber der Journalistin eine „deplatzierte Bemerkung“ gemacht. Er wollte das aber „nuanciert“ wissen, denn er verwehre sich gegen ein „Amalgam zwischen seinem Verhalten und der Affäre Weinstein“.

Nun soll also ein Pariser Gericht darüber entscheiden, ob die Veröffentlichung durch Muller zu Unrecht geschah. Die RichterInnen müssen sich zur Frage äußern, wie gravierend der Vorfall und wie legitim umgekehrt die öffentliche Anprangerung im Internet war. Der Prozess, dessen Termin noch nicht bekannt ist, wird so zu einem Präzedenzfall.

Ausgezeichnet

Die Verhandlung dürfte gespannt verfolgt werden: Immerhin hat Muller als Initiatorin der französischen Twitter-Kampagne eine gewisse Prominenz. Sie wurde Ende 2017 vom amerikanischen Magazin Time zu den Persönlichkeiten des Jahres gezählt, die mit der Enthüllung von sexuellen Aggressionen in der Film- und Medienwelt das „Schweigen gebrochen“ hatten.

Im Zusammenhang mit #BalanceTonPorc stehen bereits weitere Verhandlungen an: Auch der sozialistische Exminister und Exvorsitzende des französischen Verfassungsgerichts Pierre Joxe hat eine Verleumdungsklage eingereicht. Die Schriftstellerin Alexandra Fornia hatte den 82-Jährigen online beschuldigt, sie während einer Aufführung in der Pariser Oper begrapscht zu haben. Sie habe seine Hand mehrmals deutlich von ihrem Schenkel wegstoßen und schließlich zur Abwehr ihre Fingernägel in die Hand krallen müssen.

Der Politiker weist die Vorwürfe als „groteskes Lügengewebe“ zurück. Nachdem er Fornia die Chance gegeben habe, sich bei ihm öffentlich zu entschuldigen, reiche er nun Klage ein, um seine „Ehre wiederherzustellen“.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • 8G
    83379 (Profil gelöscht)

    So ein Prozess ist wichtig, Twitter darf den Gerichtssaal nicht ersetzen und nicht jeder deplatzierte Kommentar ist straf oder pranger-würdig.