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Frankreichs Militäraktivität in MaliOh là là, ein „richtiger Krieg“

Frankreichs Militär spricht erstmals von „mehreren hundert“ getöteten Islamisten. Und räumt ein, in Nordmali mit Tuareg zu kooperieren.

Der Norden bleibt schwer zu kontrollieren: Malische Soldaten auf der Suche nach islamistischen Mujao-Rebellen in Gao. Bild: ap

BERLIN taz | Frankreichs Militäreinsatz gegen Islamisten in Mali ist blutiger als bisher bekannt. Verteidigungsminister Jean-Yves Le Drian sprach am Mittwoch von einem „richtigen Krieg“. Am Dienstagabend hatte sein Ministerium erstmals bestätigt, dass seit Beginn des französischen Einsatzes am 11. Januar „mehrere hundert“ Islamisten getötet worden seien. Sie sollen Luftangriffen sowie Kämpfen um die Städte Konna und Gao zum Opfer gefallen sein.

Details dazu gibt es nicht. Das Ministerium nennt keine genaue Zahl von Opfern. In einer Mitteilung von Mittwoch heißt es, allein seit dem 31. Januar habe es „über 135“ Lufteinsätze gegeben, darunter über 30 Angriffe „auf 25 Ziele, zumeist Logistikdepots und Trainingszentren nördlich von Kidal, in den Zonen Aguelhok und Tessalit“.

Diese schwer zugängliche gebirgige Gegend im Nordosten Malis zwischen der Stadt Kidal und der algerischen Grenze gilt seit vielen Jahren als Hochburg islamistischer Rebellen. Militärisch zu kontrollieren ist sie nicht. Frankreich mutmaßt, dass sich die noch lebenden bewaffneten Islamisten jetzt dort gesammelt haben, nachdem sie in den vergangenen zehn Tagen die drei nordmalischen Distrikthauptstädte Gao, Timbuktu und Kidal aufgeben mussten.

Da Malis Armee großenteils entweder kampfunfähig oder kriminell ist, muss sich Frankreich bei dem Versuch, diese Gebiete unter Kontrolle zu bringen, auf andere lokale Verbündete verlassen – vor allem Tuareg-Rebellen. Diese hatten vor einem Jahr Nordmali erobert und dort ihren eigenen Staat Azawad ausgerufen, wurden dann jedoch von den mit ihnen verbündeten Islamisten ins Abseits gedrängt.

Frankreich räumte am Mittwoch eine „funktionale Beziehung“ seiner Truppen zu der Tuareg-Rebellenarmee MNLA (Nationalbewegung zur Befreiung von Azawad) in Nordmali ein. Diese Gruppierung will mit französischer Hilfe die Kontrolle über Nordmali erlangen, um dann in Verhandlungen mit Malis Regierung einzutreten. Sie ist jetzt in Kidal und anderen nordostmalischen Städten präsent. Nach eigenen Angaben hat sie mehrere führende Islamisten verhaftet.

Frankreich versucht nun also einen Spagat: Je schneller es seine Militäroperation erfolgreich abschließen will, desto mehr muss es sich auf Gegner von Malis Regierung verlassen, zu deren Unterstützung sie eigentlich im Einsatz ist. 4.000 französische Soldaten, davon 3.500 im Kampfeinsatz, befinden sich derzeit in Mali. „Ab März“ solle die Zahl sinken, erklärte Außenminister Laurent Fabius am Dienstag.

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4 Kommentare

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  • T
    Tahoua

    Dass die MNLA das was sie "Azawad" nennen, also den Norden Malis, zurückerobern wollen, ist offizielle MNLA-Position.

     

    Das erklärte Ziel der MNLA ist ein von Tuareg beherrschter Staat Azawad im Norden Malis (und darüber hinaus im westafrikanischen Sahararaum. Sie erwecken dabei den Eindruck, dass dieses Gebiet mehrheitlich von Tuareg besiedelt ist und leiten daraus eine gewisse Legitimität für ihre Forderungen ab und gewinnen dafür auch immer wieder politische Unterstützung aus Kreisen in Frankreich und auch Deutschland. Deshalb ist es wichtig, immer wieder drauf hin zu weisen, dass dieses Gebiet nicht mehrheitlich von Tuareg bewohnt wird. Im Norden Malis leben drei etwa gleich große Ethnien, die Songrai, die Tuareg und die Fulbe. Gao und Timbukte sind die einstigen Zentren des Sonhrai-Reiches. Ein MNLA-Tuareg-Staat würde die Fulbe und Songrai faktisch zu Ausländern in ihrer eigenen Heimat machen.

     

    Die MNLA haben auch zu keinem Zeitpunkt wirklich die Tuareg in Mali repräsentiert, ein Großteil der Tuareg in Mali lehnt die MNLA und ihren Krieg ab, Sie sehen sich jetzt eine Hexenjagd gegenüber den malischen Tuareg ausgesetzt. Tausende von in Bamako lebenden Tuareg haben die Hauptstadt wegen der Anfeindungen schon verlassen.

  • I
    Ivulkansturm

    Na wenn das seriöser Journalismus sein soll.

    Dem Autor kann doch nicht entgangen sein, dass schon seit geraumer Zeit Verhandlungen zwischen der malischen Regierung und der MNLA liefen. Absurd, jetzt so den Eindruck zu erwecken, dass die Franzosen sozusagen der malischen Regierung in den Rücken fallen , indem sie mit deren Feinden paktieren. Wenn die MNLA weiterhin den Nordmali erobern wollte, wie der Autor einfach dreist behauptet, wieso haben sie dann der Statonierung von fast 2000 Soldaten aus dem Tschad in Kidal zugestimmt???

    Der ganze Artikel bezweckt nur, die Franzosen in ein schlechtes Licht zu rücken, dabei schreckt der Autor

    vor einer absolut verdrehten Darstellung der Realitäten nicht zurück.

  • D
    Detlev

    "Da Malis Armee großenteils entweder kampfunfähig oder kriminell ist, ..."

     

    schön gesagt. Auch ohne Islamisten bleibt Mali ein Problemfall, von wegen Musterdemokratie etc.

  • UZ
    und zu

    Ich halte die (offiziellen) Ziele der MNLA für durchaus legitim und vernünftig, eine Zusammenarbeit der frz. Truppen, die eine Stabilisierung Azawads *gegen* Mali zum Ziel hat, für dringend geboten. Ob daraus nun ein souveräner Staat oder eine autonome Provinz hervorgeht, ist wohl zweitrangig, ein Kampf gegen die Fundamentalisten *und* die Tuareg jedenfalls wäre chancenlos. Die Islamisten haben wenig Rückhalt in der Bevölkerung, den Partisanen aber dringend brauchen. Bei den Tuareg ist das anders, sie könnten sich, wie Afghanen, Vietnamesen oder Irakis, als "unbesiegbar" erweisen.