Fotoausstellung über Kaliningrad: Auf der Suche nach Hammer und Sichel

Fotografien von Arndt Beck: "Kaliningrad ohne Heimweh" ist die Replik auf die deutsche Sehnsucht nach Königsberg.

Im Marsch wie zu Sowjetzeiten Bild: Arndt Beck

Seit fast zehn Jahren pflegt der Bezirk Lichtenberg eine Städtepartnerschaft mit dem Kaliningrader Gebiet, jene russische Exklave, die noch immer eher das Ziel von Heimweh-, statt von Rucksacktouristen ist. Wenn das Studio im Hochhaus, eine der umtriebigsten kommunalen Galerien, im Rahmen des europäischen Monats der Fotografie nun eine Ausstellung über die Stadt präsentiert, darf man getrost davon ausgehen, dass nicht der Phantomschmerz Königsberg im Zentrum steht, sondern das Kaliningrad der Gegenwart.

"Kaliningrad ohne Heimweh", heißt die Ausstellung mit Arbeiten von Arndt Beck. Der 1973 am Niederrhein geborene Fotograf hatte sich zuvor fotografisch mit Berlin unter den Stichworten "Stillstand der Geschichte" und "Heldengedenken" auseinandergesetzt. So überrascht es kaum, dass ihn auch in Kaliningrad das Stein gewordene Erinnern faszinierte. Seine Bilder zeiegn Aufmärsche am Tag des Sieges, bröckelnde Leninstatuen, rostende rote Sterne, Hämmer und Sicheln. Damit wird der Titel der Ausstellung ironisch unterlaufen: Kaliningrad ohne Heimweh nach Königsberg, gewiss, aber mit einer gehörigen Portion Sentimentalität gegenüber der sowjetischen Geschichte.

Dass nicht das dynamische, ebenso wuchtige wie schäbige Großstadtleben in seinen Fokus der rückte, erklärt Beck selbst mit seinem ersten Erleben der Stadt. "Nicht nur die deutschen Heimwehtouristen suchen die Geschichte von Königsberg, sondern die Kaliningrader selbst." Um Königsberg muss man sich also keine Sorgen machen, lautet Becks Botschaft.

Wohl aber um die Hinterlassenschaften des sowjetischen Kaliningrad. Tatsächlich hat die Wende in der Stadt am Pregel neue Bilder geboren. Am Platz des Sieges, wo einst Lenin grüßte, steht nun die zweitgrößte orthodoxe Kathedrale Russlands. Im Gegensatz dazu freilich sind Becks Arbeiten frei von Heroisierung. Eher sind sie stilles Erinnern an eine Vergangenheit, die nicht mehr populär ist.

Die Galeristin Brigitte Graf umrahmt die Austellung mit einem interessanten Begleitprogramm. Am Donnerstag wird der Violonist und Autor Michael Wieck in Lichtenberg aus seinem Buch "Ewiger Krieg oder ewiger Friede" lesen. 1928 geboren, hat er Königsberg/Kaliningrad erst 1948 verlassen.

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