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Fortschritte im SportKick it not like Beckham

Wer einen Blockbuster von 2001 heute sieht, erkennt: Professionalisierung hat dem Fußball der Frauen genutzt. Es wird Zeit für neue Vorbilder.

Kick of Cultures: Szene aus „Kick It Like Beckham“ mit Keira Knightley und Parminder K. Nagra Foto: United Archives/imago

I ch gehöre zu den altmodischen Menschen, die statt zu streamen noch ins Fernsehprogramm gucken, um zu entscheiden, ob und wann sie einschalten. Generation „Tagesschau“ sozusagen.

Beim nochmaligen Gucken glaubte ich, zu viele Klischees zu erkennen.

Das hat nicht nur Nachteile. Zum Beispiel weiß ich Themenabende zu schätzen. Jüngst hat Arte nicht nur spätabends etwas über Rodeo betreibende Mädchen im Programm gehabt, sondern auch einen Film, den ich vor etwa 20 Jahren sehr gemocht habe: „Kick It Like Beckham“ mit der jungen Keira Knightley.

Sehr kurz zusammengefasst: Zwei englische Mädchen spielen gern Fußball und bewundern David Beckham, der damals noch eine richtige Größe war. Das eine Mädchen muss gegen Widerstände ihrer versnobten Middle-Class-Familie kämpfen, das andere gegen die kulturellen Vorurteile einer Zuwandererfamilie aus Indien. Die Mädchen sind talentiert, ihren Trainer himmeln beide an.

Beim nochmaligen Gucken glaubte ich, zu viele Klischees zu erkennen: die englische Mutter, die sich küssende Mädchen nicht ertragen kann, aber als Zeichen ihrer neuen Offenheit mit dem Salzstreuer die Abseitsregel erklärt bekommt. Die indische Mutter, die gar nicht weiß, dass es so etwas wie Fußball gibt. Der schwule Cousin, der genauso viel Schiss hat, sich zu outen wie das Mädchen, das gern Fußball spielt und das sich selbst trotz seiner Beckham-Verehrung nicht vorstellen kann, dass auch sie mit Fußball Geld verdienen könnte. Und dann noch der ominöse mit Sonnenbrille und Basecap ano­nym auftretende Scout aus dem reichen Amerika, der für die US-Profiliga Spielerinnen sichtet.

Stars und Professionalisierung

Vermutlich waren das auch schon vor 20 Jahren Klischees, die ich 2001 bloß nicht erkannt habe. Beispielsweise war schon damals die sehr europäische Vermutung, dass Fußball und Indien getrennte Welten seien, Unfug.

Und doch: „Kick It Like Beckham“ heute noch einmal zu sehen, gibt Auskunft darüber, wie sich das Standing des Frauenfußballs verbessert hat, ja, mehr noch: welch grundlegende Veränderungen geschehen sind.

Da ist zunächst die Professionalisierung: Mädchen, die heute in England, Deutschland oder vergleichbaren Gesellschaften kicken, haben die Option, dies, zumindest temporär, zu ihrem Beruf zu machen. Das Gender Pay Gap ist ein Skandal, und dennoch gibt es immerhin mittlerweile nicht mehr nur in den USA für junge Frauen die Chance, vom Fußball zu leben.

Da sind des Weiteren die Stars: Trotz des Hypes um männliche Fußballheroen, die irgendwann ziemlich unheroisch in Saudi-Arabien Verträge unterzeichnen, gibt es mittlerweile auch im Frauen­fußball Role Models, die auf Postern zu sehen sind, die in Kinderzimmern hängen.

In „Kick It Like Beckham“ trat auch Mia Hamm auf. Die war – neben Marta – der erste Superstar des modernen Frauenfußballs, aber eine tragende Rolle als großes Vorbild für die Mädchen hatte sie im Film nicht. Damals gab es nur diesen Beckham. Und so wie der müssen Mädchen gar nicht mehr kicken.

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Martin Krauss
Jahrgang 1964, freier Mitarbeiter des taz-Sports seit 1989
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