Forschungsexpedition fürs Klima: 389 Tage in der Arktis
Die „Polarstern“ ist nach mehr als einem Jahr planmäßig nach Bremerhaven zurückgekehrt. An Bord: zahlreiche Forscher:innen und neue Klimadaten.
Wissenschaftler:innen aus mehr als 20 Staaten unter der Leitung des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) forschten im Wechsel. Ziel der langen Reise war es vor allem, Daten für die Klimaforschung zu sammeln.
„Wir waren Zeugen davon, wie das Eis verschwindet“, sagte Expeditionsleiter Markus Rex vom AWI nach seiner Rückkehr. „Man braucht dazu nicht mal Gerätschaften, man sieht es mit bloßen Augen.“
Allein darauf haben die Wissenschaftler:innen sich aber doch nicht verlassen. Die „Polarstern“ ließ sich an einer Eisscholle festfrieren und trieb mit dieser durch die Arktis. Rund um das Schiff entstand ein Netzwerk aus Messstationen. „Wir haben sozusagen das Uhrwerk aufgemacht und uns jede kleine Schraube angeguckt – jetzt verstehen wir die ganze Uhr besser als je zuvor“, sagte Rex. „Unsere neuen Daten helfen uns dabei, Klimamodelle für die Arktis zu bauen.“
Im September hatte das AWI gemeldet, dass die Eisdecke des Arktischen Ozeans in diesem Sommer auf die zweitkleinste Fläche seit Beginn der Satellitenmessungen im Jahr 1979 geschrumpft sei, nämlich auf 3,8 Millionen Quadratkilometer. Nur im Jahr 2012 waren es noch etwa 0,5 Millionen Quadratkilometer weniger gewesen.
Es droht eine eisfreie Arktis
Dass die sogenannte Meereisausdecke im Sommer schrumpft, ist erst einmal normal – nur wird der Effekt nach und nach stärker. Der besonders große Eisverlust in diesem Jahr hatte mehrere Ursachen. Zum einen habe sich in den russischen Randmeeren schon im Winter eher dünnes und somit schnell schmelzendes Meereis gebildet, hieß es. Zum anderen sei der arktische Sommer sehr warm gewesen, und zwar sowohl die Luft- als auch die Wassertemperaturen.
Die Arktis heizt sich im Zuge des Klimawandels etwa doppelt so schnell auf wie der globale Durchschnitt. „In einigen Jahrzehnten könnten wir eine eisfreie Arktis haben“, warnte Rex am Montag. „Das wird das globale Klimasystem massiv beeinflussen.“
Durch die Corona-Pandemie hätte die Expedition beinahe vorzeitig abgebrochen werden müssen. Durch die nötigen Kontaktbeschränkungen wurden die Wechsel zwischen den Crews erschwert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja